1241 Mietpreisbindung und Mieterhöhung

Bei Mieterhö­hungen können auch preis­ge­bun­dene Wohnungen als Vergleichs­woh­nungen dienen

Die ortsüb­liche Vergleichs­miete orien­tiert sich an preis­freien bzw. nicht preis­ge­bun­denen Vergleichs­woh­nungen. Dennoch ist ein Mieterhö­hungs­ver­langen nicht allein deshalb formell unwirksam, wenn für die Begrün­dung der Mieterhö­hung auf Vergleichs­woh­nungen aus dem öffent­lich geför­derten, Wohnraum mit Mietpreis­bin­dung verwiesen wird.

Der Fall: Vermieterin führt Vergleichswohnungen mit Mietpreisbindung zur Begründung einer Mieterhöhung an

Eine Vermie­terin aus Schleswig-Holstein forderte die Mieterin ihrer Wohnung im Februar 2016 auf, einer Mieterhö­hung zuzustimmen. Die betref­fende Wohnung war öffent­lich geför­dert und unterlag einer Mietpreisbindung.

Die bishe­rige Miete lag bei 5 €/m². Die Vermie­terin bezog sich für die Begrün­dung ihres Mieterhö­hungs­ver­lan­gens auf fünf Vergleichs­woh­nungen, deren Mietpreise sich zwischen 5,08 und 5,16 €/m² bewegten. Alle diese Vergleichs­woh­nungen waren ebenfalls mit einer Preis­bin­dung öffent­lich gefördert.

Aller­dings wollte die Mieterin der Erhöhung nicht zustimmen, da sie das Mieterhö­hungs­ver­langen für formell unwirksam erach­tete. Sie argumen­tierte, dass nur für Mieterhö­hungen nur preis­freie Wohnungen als Vergleichs­woh­nungen heran­ge­zogen werden können.

Urteil: Auch preisgebundene Wohnungen können Vergleichswohnungen sein

Der Bundes­ge­richtshof bewer­tete das Mieterhö­hungs­ver­langen in seinem Urteil vom 18.12.2019 (AZ: VIII ZR 236/18) jedoch nicht als formell unwirksam, nur weil es sich bei den Vergleichs­woh­nungen um Wohnungen mit Mietpreis­bin­dung handelte.

Grund­sätz­lich soll die Begrün­dung eines Mieterhö­hungs­ver­lan­gens dem Mieter ermög­li­chen, zu überprüfen, ob das Erhöhungs­ver­langen in der Sache berech­tigt ist. Dadurch sollen in erster Linie überflüs­sige Prozesse vermieden werden. Das Erhöhungs­ver­langen muss daher konkrete Hinweise enthalten, die dem Mieter erlauben, zu überprüfen, ob das Erhöhungs­ver­langen sachlich berech­tigt ist und er während der Überle­gungs­frist Klarheit darüber bekommen kann, ob er seine Zustim­mung geben will oder nicht.

Der Vermieter ist bei der Angabe von Vergleichs­woh­nungen aber nicht nur auf preis­freien Wohnraum beschränkt. Preis­ge­bun­dener Wohnraum ist ledig­lich bei der Berech­nung der ortsüb­li­chen Vergleichs­miete ausge­nommen. Das heißt aber nicht, dass Wohnungen mit einer Mietpreis­bin­dung nicht heran­ge­zogen werden dürfen, um ein Mieterhö­hungs­ver­langen zu begründen. Eine solche Einschrän­kung ergibt sich nicht aus dem BGB § 558a Abs. 2 Nr. 4 und ebenfalls nicht aus dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses.

Vergleichswohnungen im Erhöhungsverlangen sind kein Nachweis der Vergleichsmiete

Vergleichs­woh­nungen in einem Mieterhö­hungs­ver­langen werden nicht dazu aufge­führt, um die ortsüb­liche Miete aufzu­zeigen. Vielmehr ist hiervon der Zweck, dem Mieter zu ermög­li­chen, das Mieterhö­hungs­ver­langen wenig­stens ansatz­weise nachzu­voll­ziehen und, sollte er Zweifel hegen, mittels eigener Nachfor­schungen zu überprüfen, ob die angege­benen Wohnungen tatsäch­lich vergleich­bare Objekte sind. Es ist für einen Mieter nicht nur zumutbar, die Infor­ma­tionen im Erhöhungs­ver­langen zu prüfen und weitere Infor­ma­tionen einzu­holen, vielmehr ist es Zweck des Erhöhungs­ver­lan­gens, ihn dazu zu befähigen.

Die formelle Wirksam­keit eines Erhöhungs­ver­lan­gens ist grund­sätz­lich nicht in Frage gestellt, nur weil ein Mieter die tatsäch­liche ortsüb­liche Vergleichs­miete nicht allein mittels des Erhöhungs­ver­lan­gens überprüfen kann. Denn zum hat ein Erhöhungs­ver­langen nicht tatsäch­lich den Zweck, die ortsüb­liche Miete nachzu­weisen, zum anderen haben drei Vergleichs­woh­nungen, die üblicher­weise in einem Erhöhungs­ver­langen aufzu­führen sind, ohnehin nur begrenzten Erkennt­nis­wert. Daher erübrigt es sich auch, die ortsüb­liche Miete anhand von nur drei Vergleichs­woh­nungen zu ermit­teln, sollte die Mieterhö­hung in einem Rechts­streit angefochten werden.

Categories: Immobilien Wissen & News | Comments 1238 Grundbuchauszug – Was steht drin?

Der Grund­buch­auszug ist nicht nur die recht­liche Basis, anhand derer man klären kann, wer der Eigen­tümer einer Immobilie ist. Bei einem Kauf oder Verkauf wird man unumgäng­lich einen Grund­buch­auszug benötigen, da er zahlreiche weitere Infor­ma­tionen enthält, die für den Kauf- oder Verkaufs­pro­zess von Immobilien absolut grund­le­gend sind.

Was ist der Grundbuchauszug?

Zunächst einmal gibt es das sogenannte Grund­buch. Dies ist ein beschränkt öffent­li­ches Register, das in jedem Bezirk von öffent­li­chen Behörden geführt wird und in dem Grund­stücke und die jewei­ligen Eigen­tümer im betref­fenden Bezirk verzeichnet sind. Die Einträge umfassen neben den Eigen­tums­ver­hält­nissen auch Rechte und Belastungen, die für ein bestimmtes Grund­stück bestehen.

Was steht drin in einem Grund­buch­auszug? Es ist eine vollstän­dige Abschrift der Einträge, die es zu einem bestimmten Grund­stück im Grund­buch gibt. Darin sind Infor­ma­tionen zu den Eigen­tums­ver­hält­nissen, zu eventuell bestehenden Grund­schulden, Nießbrauch­rechten oder Hypotheken oder anderen sogenannten Grund­pfand­rechten aufge­li­stet. Bei einem Immobi­li­en­ver­kauf dient der Grund­buch­auszug den Immobi­li­en­be­sit­zern in erster Linie dazu, nachzu­weisen, dass sie wirklich die Eigen­tümer sind. Anhand des Grund­buch­aus­zugs prüfen Notare und Käufer, dass sie es bei der Person, die als Verkäufer auftritt, tatsäch­lich mit dem Eigen­tümer des Objekts zu tun haben. Immobi­li­en­käufer, die den Kauf mit einem Bankdar­lehen finan­zieren wollen, müssen bei der Belei­hungs­prü­fung den Grund­buch­auszug auch bei ihrer Bank vorlegen.

Welche Informationen enthält das Grundbuch?

Das Grund­buch enthält als amtli­ches Register aller Grund­stücke eines Gemein­de­be­zirks bestimmte Infor­ma­tionen zu den Eigen­tums­ver­hält­nissen sowie zu Rechten und Belastungen die mit dem Grund­stück verbunden sind. Anhand dieser Eintra­gungen lassen sich die grund­le­genden Rechts­ver­hält­nisse in Bezug auf ein Grund­stück klären.

Ein Grund­buch zu einem bestimmten Grund­stück besteht immer aus mehreren Abschnitten.

Die Aufschrift listet das zustän­dige Amtsge­richt, den Band und das Blatt des Grund­stücks auf. (Bei der Blatt­nummer handelt es sich um eine eindeu­tige Zuord­nung für die eindeu­tige Identi­fi­ka­tion des jewei­ligen Grund­buch­blattes. Der Band bzw. die Bandnummer ist jeweils eine Zusam­men­fas­sung verschie­dener Grund­buch­blätter im Bezirk des zustän­digen Amtsgerichts).

Es folgt das Bestands­ver­zeichnis. Hier findet man Angaben zur Lage der Immobilie, zur Größe und zu Wohnungs­ei­gentum, zu evtl. bestehenden Erbbau- oder Wegerechten. Das Bestands­ver­zeichnis ist in drei Abtei­lungen aufge­teilt. Abtei­lung eins gibt die Eigen­tums­ver­hält­nisse wieder. In Abtei­lung zwei sind die Lasten aufge­li­stet. Je nach Fall Realla­sten, Nießbrauch­rechte, Wegerechte, Vorkaufs­rechte, Erbbau­recht oder Beschrän­kungen und Grund­dienst­bar­keiten, d. h. welche Rechte der Eigen­tümer anderen Nutzern des Grund­stücks einräumen muss. Dafür inter­es­sieren sich vor allem Finanzierungsbanken.

Für jedes Grund­stück existiert ein eigenes Blatt. Die Blätter sind im Grund­buch nach Bezirken in Bänden zusam­men­ge­fasst und bilden zusammen das Grund­buch. Stellt ein Eigen­tümer einen Antrag auf einen Auszug, muss er die Blatt­nummer zu seiner Immobilie nennen können.

Wann wird ein Grundbuchauszug gebraucht?

Immobi­li­en­ei­gen­tümer benötigen einen Grund­buch­auszug vorwie­gend in drei Fällen. Bei einem Verkauf der Immobilie, im Erbfall und für eine Beleihungsprüfung.

Soll eine Immobilie verkauft werden, muss der Eigen­tümer einen Grund­buch­auszug beantragen. Anhand des Auszuges kann der Eigen­tümer nachweisen, dass er die Immobilie besitzt und zu einem Verkauf berech­tigt ist. Der Kaufin­ter­es­sent kann anhand des Auszugs sehen, ob Rechte Dritter auf dem Grund­stück lasten. Auch der Notar muss sich anhand eines beglau­bigten Grund­buch­aus­zugs davon überzeugen, dass die Eigen­tums­ver­hält­nisse korrekt darge­stellt werden.

Im Fall einer Immobi­li­en­er­b­schaft darf sich der neue Besitzer Einblick ins Grund­buch verschaffen und einen Auszug anfor­dern, damit er sich verläss­lich über die tatsäch­li­chen Besitz­ver­hält­nisse und eventu­elle Verbind­lich­keiten infor­mieren kann.

Möchte ein Immobi­li­en­be­sitzer seine Immobilie als Sicher­heit für einen Immobi­li­en­kredit einsetzen, führt die Bank eine Belei­hungs­prü­fung durch. Auf hierfür ist ein beglau­bigter Grund­buch­auszug nötig. Im Regel­fall wird der Immobi­li­en­kredit über eine Grund­schuld abgesi­chert. Kommt der Kredit­nehmer seiner Zahlungs­pflicht nicht nach, kann die Bank die Immobilie veräu­ßern, zum Beispiel über eine Zwangs­ver­stei­ge­rung. Banken prüfen die Kredit­wür­dig­keit von Kredit­neh­mern und bestehen aber für den Fall des Kredit­aus­falls ebenfalls darauf, als Rechte­inhaber im ersten Rand des Grund­buchs einge­tragen zu werden, wenn sie den Kredit gewähren sollen. Im Fall einer Zwangs­ver­stei­ge­rung wird die Bank als Gläubiger damit als erste bedient.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Einsicht ins Grundbuch vorliegen?

Die Daten im Grund­buch sind grund­le­gend sensibel, da Vermö­gens- und Schuld­ver­hält­nisse von Eigen­tü­mern darge­legt sind. Daher ist ein Grund­buch­auszug nicht für jeden einfach so zu bekommen. Wer Einsicht ins Grund­buch wünscht, muss bestimmte Voraus­set­zungen erfüllen. Entweder muss man Grund­stücks­ei­gen­tümer sein oder im Grund­buch für das betref­fende Grund­stück selbst einge­tragen sein oder man muss ein „berech­tigtes Inter­esse“ für den Grund­buch­auszug nachweisen können.

Es gibt einen bestimmten Kreis von Personen oder Insti­tu­tionen, die ein berech­tigtes Inter­esse an einem Auszug haben können. Dazu gehören Gerichte, bestimmte Behörden, Notare und Makler. Auch öffent­lich bestellte Vermes­sungs­in­ge­nieure, Finan­zie­rungs­banken und mögliche Käufer, die einen Vorver­trag vorweisen können ein berech­tigtes Inter­esse auf Einsicht haben. Ebenfalls kann sich dies auf Gläubiger, die einen Vollstreckungs­titel gegen den Eigen­tümer der Immobilie haben und die eine Zwangs­voll­streckung anstrengen wollen, erstrecken. Für die Heraus­gabe des Grund­buch­aus­zugs ist grund­sätz­lich immer die Zustim­mung des Eigen­tü­mers notwendig. Im Extrem­fall kann seine Zustim­mung aber gericht­lich einge­klagt werden, falls notwendig.

Wo bekommt man den Grundbuchauszug?

Für einen Grund­buch­auszug ist ein Antrag beim zustän­digen Amt erfor­der­lich. Im Regel­fall bedeutet das einen Antrag beim Amtsge­richt des betref­fenden Bezirks, Ausnahme Baden-Württem­berg, weil die Grund­buch­ämter dort bei den Gemein­de­äm­tern angesie­delt sind.

Grund­sätz­lich dürfen Personen, die ein berech­tigtes Inter­esse vorweisen können, Einsicht ins Grund­buch nehmen und können einen Grund­buch­auszug erhalten. In den meisten Fällen ist es auch möglich, einen entspre­chenden Antrag online zu stellen.

Beglaubigter oder unbeglaubigter Grundbuchauszug?

Für verschie­dene Erfor­der­nisse wird ein beglau­bigter Auszug benötigt, manchmal genügt auch ein unbeglau­bigter. Bevor Personen mit berech­tigtem Inter­esse einen Auszug aus dem Grund­buch anfor­dern, sollten sie klären, was sie tatsäch­lich brauchen. Eine unbeglau­bigte Abschrift, sprich eine einfache Kopie, oder eine Abschrift, die durch eine Amtsperson beglau­bigt wurde. Entschei­dend dafür ist der Zweck des Dokuments. Für einen Immobi­li­en­ver­kauf oder eine Belei­hungs­prü­fung wird unbedingt eine beglau­bigter Auszug benötigt (Kosten: ca. 18 €). Für die eigenen Dokumente genügt natür­lich eine unbeglau­bigte Kopie für ca. 10 €. Ist die Sachlage nicht eindeutig, lässt man sich besser gleich eine beglau­bigte Abschrift ausstellen.

Categories: Immobilien Wissen & News | Comments 1164 Gewinnerzielungsabsicht bei Vermietung und Eigenbedarf

Verluste, die aus einer Vermie­tung oder Verpach­tung entstehen, könnten steuer­lich geltend gemacht werden. Voraus­set­zung ist aller­dings, dass die Eigen­tümer eine nachvoll­zieh­bare Absicht darlegen können, wenig­stens auf lange Sicht einen Überschuss zu erzielen. Wie aber ist die Sache, wenn eine Eigen­be­darfs­klausel, sprich, eine Begren­zung des Mietver­hält­nisses, Teil des Vertrages ist.

Der Fall

Die Möglich­keit eines Eigen­be­darfs war für einen Eigen­tümer absehbar. Deshalb ließ er im Mietver­trag einen Passus hinzu­fügen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt (vom damaligen Stand in vier Jahren) das Mietver­hältnis ende, falls ein Eigen­be­darf für seine Nichte eintreten sollte. Der Eigen­be­darf war konkret ausge­führt. Letzt­lich trat die Situa­tion aber nicht in der Weise ein, da der Mieter vorzeitig ausge­zogen war und das Objekt schließ­lich verkauft wurde. Daraufhin bezwei­felte aller­dings das Finanzamt eine dauer­hafte Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht. Verluste, die der Eigen­tümer während der Vermie­tung steuer­lich geltend gemacht hatte, wollte das Finanzamt nicht anerkennen.

Das Urteil

Das Finanz­ge­richt Hamburg urteilte dazu am 12.09.2018, dass es sich im vorlie­genden Fall nur um eine Befri­stung für einen Eventu­al­fall handle. Hätte die Nichte die Immobilie bezogen, sei ebenfalls ein angemes­sener Mietzins vorge­sehen gewesen. Die jetzt einge­tre­tene Änderung (sowohl der Auszug der Mieter als auch der nicht erfolgte Einzug der Nichte und der Verkauf des Objektes) sei nicht bereits von Beginn an so vorge­sehen gewesen und habe sich erst im Laufe der Zeit so ergeben. Daher ändere dies nichts an der ursprüng­li­chen Gewinn­erzie­lungs­ab­sicht (AZ: 2 K 151/17).

Categories: Immobilien Wissen & News | Comments 1159 Immobilienmarkt — Entwicklung in der letzten Dekade

Ein Jahrzehnt der Immobilie

Das eben abgelau­fene Jahrzehnt wird künftig in den Geschichts­bü­chern zurecht als das „Jahrzehnt der Immobilie“ geführt werden. Bis 2019 entwickelte sich der Invest­ment­markt positiv, gegen Ende des Jahres folgte dann nochmals ein fabel­haftes Feuer­werk an Abschlüssen, das so und in dieser Dynamik wohl kaum zu erwarten war. Im Rückblick offen­bart der Markt nun schon seit 10 Jahren einen pausen­losen Aufschwung. Selbst die immer gegen­wär­tigen Risiken konnten dem „Run“ auf deutsche Immobilien nichts anhaben. Geopo­li­ti­sche Konflikte, der globale Handels­streit, der Brexit, Krieg, Terror und Flucht sind bittere Reali­täten. Dennoch konnten zwischen­zeit­liche kleine positive Signale auch einen beach­tens­werten Motiva­ti­ons­ef­fekt auslösen, sodass einige zunächst ungewisse Investi­ti­ons­pro­zesse schließ­lich doch ins Laufen kamen.

Timo Tschammler, CEO bei der JLL Germany, kommen­tiert dazu: „Auf Basis des manife­stierten Niedrig­zins­ni­veaus erscheint die Immobilie als Anlage­pro­dukt für insti­tu­tio­nelle Investoren nahezu alter­na­tivlos. Und immer mehr Anleger aus dem In- und Ausland schichten sukzes­sive ihre Bestände um und erhöhen ihre Immobilienquoten.”

In den kommenden fünf Jahren werden deutsche Staats­an­leihen mit einem Volumen von mehr als 800 Milli­arden Euro auslaufen. Diese müssen dann wieder neu angelegt werden. Bisher werden diese Staats­an­leihen zu einem Zinssatz von rund 3 % verzinst. Damit liegt die Rendite deutlich höher als bei aktuellen Staats­an­leihen. Nach Einschät­zung von Experten dürfte ein Teil der auslau­fenden Staats­an­leihen auch in Immobilien angelegt werden. Damit deutet sich an, dass die Nachfrage nach Immobilien in Deutsch­land in den kommenden Jahren hoch bleiben wird. Eine aktuelle Umfrage der PwC/ULI zeigt denn auch, dass über die Hälfte der dazu befragten europäi­schen Investoren in 2020 ihre Immobi­li­en­be­stände weiter ausbauen wollen. Die Rolle deutscher Immobilien wird dabei zentral sein. “Deutsch­land hat aufgrund seiner föderalen Struktur und der nach wie vor vorhan­denen wirtschaft­li­chen und politi­schen Stabi­lität gute Voraus­set­zungen, um auch in diesem Jahr weit oben auf der Einkaufs­liste inter­na­tio­naler und einhei­mi­scher Investoren zu stehen”, unter­streicht Timo Tschammler.

2019 – Höchstes Transaktionsvolumen* aller Zeiten

Der deutsche Invest­ment­markt beging das Jahres­ende mit einem neuen Rekord­ergebnis. Das vierte Quartal alleine überragte mit 34 Milli­arden Euro die Quartale aller vorher­ge­henden Vorjahre (bislang lag der Rekord im 4. Quartal 2016 mit 26,5 Milli­arden Euro). 73 Trans­ak­tionen im dreistel­ligen Millionen Euro-Bereich oder sogar im Milli­ar­den­be­reich wurden alleine im letzten Quartal abgeschlossen. Im Gesamt­jahr 2019 gab es damit insge­samt 187 Trans­ak­tionen über der 100 Millionen Euro-Marke. Inklu­sive Living lag das Trans­ak­ti­ons­vo­lumen bei fulmi­nanten 91,3 Milli­arden Euro.

Am Ende des dritten Quartals lag das Trans­ak­ti­ons­vo­lumen noch auf Höhe des Vorjahres. Gegen­über 2018 kann zum Ende des vierten Quartals aber ein noch ein deutli­ches Plus von rund 16 % verbucht werden. “Dass so viele Trans­ak­tionen noch kurz vor Tores­schluss über die Ziellinie getragen wurden, war in dieser Menge nicht zu erwarten und führte im Ergebnis dazu, dass unsere Prognose deutlich übertroffen wurde. Und die schiere Menge an Trans­ak­tionen scheint auf den ersten Blick auch die These zu wider­legen, dass es kein adäquates Angebot an Immobilien gibt und dass die sogenannte ‘Wall of Money’ gar nicht befrie­digt werden könne”, sagt Timo Tschammler. Einen eklatanten Angebots­mangel sieht der Experte grund­sätz­lich weiter als gegeben an, so entfielen mit rund 23 Milli­arden Euro ca. ein Viertel des Gesamt­vo­lu­mens auf dieje­nigen 21 Trans­ak­tionen mit beson­ders großem Volumen über 500 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um eine außer­or­dent­liche Ballung der Nachfrage. Das zeigt auch, dass Investi­tionen über den Kapital­markt neben direkten Investi­tionen zuneh­mende Bedeu­tung gewinnen. Auf indirekte Investi­tionen entfielen etwa 12 Milli­arden Euro. Unter­neh­mens­be­tei­li­gungen beispiels­weise, Übernahmen oder auch der Kauf von Aktien­pa­keten sind eine inter­es­sante Alter­na­tive für dieje­nigen, die sich in Zeiten mit knappem Angebot Immobi­li­en­ei­gentum sichern wollen.

Die Trans­ak­ti­ons­liste wurde angeführt vom Verkauf der Immobilien des kanadi­schen Immobi­li­en­in­ve­stors Dream Global an das US-ameri­ka­ni­sche Invest­ment­ma­nage­ment-Unter­nehmen Black­s­tone. Der Wert der daran betei­ligten deutschen Immobilien liegt bei ca. 3,2 Milli­arden Euro. Alle Einzel­trans­ak­tionen zusammen (56,2 Milli­arden Euro) machen übrigens 62 % des gesamten Trans­ak­ti­ons­vo­lu­mens aus. Zugenommen haben übrigens auch Portfo­lio­ver­käufe, die ebenfalls durch die genannten Unter­neh­mens­über­nahmen gepusht wurden. Hier erreicht das Jahres­er­gebnis etwa 35 Milli­arden Euro, 24 % mehr als noch im Jahr zuvor.

Büroimmobilien nachfragestärkste Assetklasse, Beliebtheit von Alternativen nimmt aber zu

2019 dominierten Büro- und Wohnim­mo­bi­lien den deutschen Invest­ment­markt. Ca. 40 % des gesamten Trans­ak­ti­ons­vo­lu­mens verteilten sich in die Asset­klasse Büro, 24 % in die Asset­klasse Living. Die immer Suche nach rendi­te­starken Immobilien wird aller­dings immer heraus­for­dernder. Daher spielen auch alter­na­tive Asset­klassen wie Gesund­heits- und Pflege­im­mo­bi­lien eine immer größere Rolle.

Daneben kommen einzel­han­des­ge­nutzte Immobilien ledig­lich noch auf einen Anteil von 12 % — histo­risch niedrig. Shopping-Center-Trans­ak­tionen mit großem Volumen kommen immer seltener vor. Aller­dings sind Fachmarkt­pro­dukte immer noch bei Investoren gefragt, vor allem wenn sie Lebens­mit­tel­ab­tei­lungen enthalten. Im Großen und Ganzen werden Einzel­han­dels­im­mo­bi­lien aller­dings nach wie vor kritisch eingestuft.

Der Anteil von Logistik­hallen liegt bei etwa 7 %. Da der E‑Com­merce-Bereich aber eine hohe Dynamik aufweist, sollte dieser Anteil eigent­lich höher liegen. Grund­sätz­lich fehlt es hier an Neubauten und damit schlicht an Investitionsmöglichkeiten.

Die Beliebt­heit misch­ge­nutzte Immobilien, bei denen keine Asset­klasse stark überwiegt, nimmt indes zu, der Anteil am Trans­ak­ti­ons­vo­lumen beträgt hier etwa 10 %. Immobi­li­en­profis sehen hier Vorteile für Immobi­li­en­ob­jekte, wenn sie die zuneh­mende Verzah­nung von Leben, Arbeit und Freizeit unter­stützen, denn das hilft auch den Investoren bei der Diversifikation.

Transaktionsvolumen zeigt in den Big 7 Deutschlands gemischtes Bild – München erreicht 65 % Plus

Der Kapital­druck der Investoren ist enorm. So überrascht es auch nicht, dass das Gros des Trans­ak­ti­ons­vo­lu­mens nach wie vor auf die Big 7 entfällt. 52,6 Milli­arden des Gesamt­vo­lu­mens werden in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frank­furt, Düssel­dorf und Stutt­gart investiert. Das sind 14 % mehr als 2018. Die Kapital­summe entspricht 58 % des gesamten Kapitals, das in deutsche Immobilien investiert wurde. Der Prozent­wert entspricht im Durch­schnitt in etwa demje­nigen der letzten fünf Jahre. Die beson­dere Bedeu­tung der deutschen Metro­polen als Zielge­biet für Invest­ment­ka­pital – national und unter­na­tional – zeigt sich hier deutlich. Auf der anderen Seite muss die sehr unter­schied­liche Perfor­mance der Big 7 ebenfalls klar heraus­ge­stellt werden. Klarer Spitzen­reiter ist Berlin mit 15,8 Milli­arden und 46 % Plus gegen­über 2018. 30 % des Kapitals, das in die Big 7 investiert wurde, entfällt damit alleine auf die Haupt­stadt. 10,9 Milli­arden gehen nach München mit einem Anstieg von 65 %, 10 Milli­arden gehen nach Frank­furt, das aller­dings gegen­über 2018 rund 14 % verliert. Weitere Hochburgen mussten ebenfalls einen Rückgang des Volumens hinnehmen. In Hamburg war dieser mit 24 % beson­ders deutlich. Dass sich die Investi­tionen zuneh­mend auf Berlin, München oder Frank­furt konzen­trieren ist aller­dings nachvoll­ziehbar, wenn die Nachfra­ge­si­tua­tion betrachtet wird. Denn diese nimmt vor allem für großvo­lu­mige Objekte zu, und Möglich­keiten bieten sich, was Deutsch­land betrifft, vor allem in diesen Metropolregionen.

Tatsäch­lich bieten aber auch Städte, die nicht zu den Big 7 zählen, inter­es­sante Gelegen­heiten. 2019 flossen immerhin etwa 38,7 Milli­arden Euro in weitere Städte, das sind 17 % mehr als im Vergleichs­jahr 2018. Natür­lich sind hier die Einzel­vo­lu­mina kleiner, das macht sich haupt­säch­lich im Büroseg­ment bemerkbar. Aber auch abseits der Big 7 können solche Investi­tionen, je nach Invest­ment­stra­tegie, rentabel sein. Die Entschei­dende Variable ist hier, in welchem Ausmaß der jewei­lige Markt innovativ und zukunfts­fähig ist. Außer­halb der Big 7 gab es die größte Trans­ak­tion des Jahres in Erlangen. Die Union Invest­ment kaufte hier ein Büroge­bäude von der Siemens Real Estate.

Für die künftige Entwick­lung in B‑Städten erwarten Experten in den künftigen Jahren einen moderaten Anstieg. Denn das Produkt­an­gebot in den großen Immobi­li­en­hoch­burgen wird aller Voraus­sicht nach in den kommenden Jahren kaum zunehmen. Zudem bewegen sich die Kaufpreise dort mittler­weile in Berei­chen, die eine Anlage in den Big 7 ausschließt. Aller­dings bieten auch mittel­große Städte attrak­tive Investi­ti­ons­mög­lich­keiten. Aufgrund seiner föderalen Struktur und mittler­weile vieler „talent­starker“ und innova­tiver Städte bietet Deutsch­land ein großes Diver­si­fi­ka­ti­ons­po­ten­zial. Was die Big 7 betrifft, hier wirkt sogar ein Leerstand nicht mehr abschreckend, denn die Vermie­tungs­märkte laufen übergrei­fend noch immer gut. Im Gegen­teil bieten sich sogar Möglich­keiten für Mietsteigerungen.

Geringere Rendite bei Büro und Logistikimmobilien – Fachmarktzentren überholen Shopping-Center

Bereits seit geraumer Zeit zeigt sich ein moderater Rendi­te­rück­gang bei Top-Produkten der trans­ak­ti­ons­stärk­sten Nutzungsart in Bestlagen: Die Spitzen­ren­dite für Büroim­mo­bi­lien liegt nun bei mittleren 2,93 % in den sieben Hochburgen, das ist nochmals ein leichter Rückgang gegen­über dem Vorquartal. Im 12 Monats­ver­gleich sind das 18 Basis­punkte weniger. Die JLL Germany hält es für wahrschein­lich, dass sich die höchsten Renditen in diesem Bereich auf diesem Niveau stabi­li­sieren werden.

Für Lagen und Produkte abseits von Top und Core könnte sich auch im nächsten Jahr die Rendite weiter verrin­gern. Damit würde sich auch der Abstand zur Spitzen­ren­dite verrin­gern, der 2019 abhängig von Lage und Objekt­aus­stat­tung zwischen 20 und 140 Basis­punkten beträgt.

In den Big 7 sind die Kapital­werte für Büroim­mo­bi­lien im Durch­schnitt weiter­ge­wachsen, in Kombi­na­tion mit höheren Mieten dürfte der mittlere Anstieg um die 12 % betragen. Für 2020 ist aller­dings nur noch ein gerin­gerer Zuwachs im Rahmen von 4 % zu erwarten, da von einer allge­meinen Stabi­li­sie­rung der Renditen auszu­gehen ist.

Am stärk­sten ausge­prägt zeigt sich die Dynamik der Renditen nach wie vor bei Logistik­im­mo­bi­lien. 2019 liegen die Anfangs­ren­diten bei 3,75 %, diese haben insge­samt weiter nachge­geben. Betrachtet man den Zeitraum seit 2014, so gingen die Renditen seither um über 240 Basis­punkte zurück, gegen­über Büroim­mo­bi­lien ist der Spread mit 82 Punkten so gering wie nie davor. Auch für 2020 ist aufgrund der guten Nachfrage nach Logistik­im­mo­bi­lien und der lockeren Geldpo­litik weiter mit einem anhal­tenden Abwärts­druck auf die Renditen zu rechnen.

Aufgrund der starken Rendi­te­kom­pres­sion liegen 2019 die Zuwachs­raten für den Kapital­wert bei Logistik­im­mo­bi­lien ebenfalls auf einem Niveau von 12 %. Die Chancen auf weitere positive Zuwachs­raten in 2020 stehen gut. Für Einzel­han­dels­im­mo­bi­lien ist eine Fortset­zung der Ausdif­fe­ren­zie­rung der Renditen ein wahrschein­li­ches Szenario.

Für Geschäfts­häuser in Innen­städten entwickeln sich die Renditen in den Big 7 stabil. Ende 2019 liegt der Durch­schnitt wie 2,84 %. Inzwi­schen sind für Top-Fachmarkt­zen­tren mit Nahver­sor­gungs­cha­rakter niedriger Renditen akzep­tabel (4,2 %) als für Premium-Shopping-Center. Bei Premium-Shopping-Centern zeigte sich seit dem Tiefpunkt zum 3. Quartal 2018 ein Anstieg von 60 Basis­punkten. Hier weisen die Indika­toren auf eine Stabi­li­sie­rung des Aufwärts­trends und der Renditeentwicklung.

* Das Trans­ak­ti­ons­vo­lumen umfasst: Büro‑, Logistik, Einzel­han­dels- und Industrie­im­mo­bi­lien, Grund­stücke, Hotels, Spezi­al­im­mo­bi­lien, gemischt genutzte Immobilien, die Asset­klasse Living mit Mehrfa­mi­li­en­häu­sern und Wohnport­fo­lios ab zehn Wohnein­heiten und 75 % Wohnnut­zung, den Verkauf von Unter­neh­mens­an­teilen (ohne Börsen­gänge), Appart­ment­häuser, Studen­ten­woh­nungen, Senioren- und Pflege­im­mo­bi­lien sowie Kliniken.

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