Bei Mieterhöhungen können auch preisgebundene Wohnungen als Vergleichswohnungen dienen
Die ortsübliche Vergleichsmiete orientiert sich an preisfreien bzw. nicht preisgebundenen Vergleichswohnungen. Dennoch ist ein Mieterhöhungsverlangen nicht allein deshalb formell unwirksam, wenn für die Begründung der Mieterhöhung auf Vergleichswohnungen aus dem öffentlich geförderten, Wohnraum mit Mietpreisbindung verwiesen wird.
Eine Vermieterin aus Schleswig-Holstein forderte die Mieterin ihrer Wohnung im Februar 2016 auf, einer Mieterhöhung zuzustimmen. Die betreffende Wohnung war öffentlich gefördert und unterlag einer Mietpreisbindung.
Die bisherige Miete lag bei 5 €/m². Die Vermieterin bezog sich für die Begründung ihres Mieterhöhungsverlangens auf fünf Vergleichswohnungen, deren Mietpreise sich zwischen 5,08 und 5,16 €/m² bewegten. Alle diese Vergleichswohnungen waren ebenfalls mit einer Preisbindung öffentlich gefördert.
Allerdings wollte die Mieterin der Erhöhung nicht zustimmen, da sie das Mieterhöhungsverlangen für formell unwirksam erachtete. Sie argumentierte, dass nur für Mieterhöhungen nur preisfreie Wohnungen als Vergleichswohnungen herangezogen werden können.
Der Bundesgerichtshof bewertete das Mieterhöhungsverlangen in seinem Urteil vom 18.12.2019 (AZ: VIII ZR 236/18) jedoch nicht als formell unwirksam, nur weil es sich bei den Vergleichswohnungen um Wohnungen mit Mietpreisbindung handelte.
Grundsätzlich soll die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens dem Mieter ermöglichen, zu überprüfen, ob das Erhöhungsverlangen in der Sache berechtigt ist. Dadurch sollen in erster Linie überflüssige Prozesse vermieden werden. Das Erhöhungsverlangen muss daher konkrete Hinweise enthalten, die dem Mieter erlauben, zu überprüfen, ob das Erhöhungsverlangen sachlich berechtigt ist und er während der Überlegungsfrist Klarheit darüber bekommen kann, ob er seine Zustimmung geben will oder nicht.
Der Vermieter ist bei der Angabe von Vergleichswohnungen aber nicht nur auf preisfreien Wohnraum beschränkt. Preisgebundener Wohnraum ist lediglich bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete ausgenommen. Das heißt aber nicht, dass Wohnungen mit einer Mietpreisbindung nicht herangezogen werden dürfen, um ein Mieterhöhungsverlangen zu begründen. Eine solche Einschränkung ergibt sich nicht aus dem BGB § 558a Abs. 2 Nr. 4 und ebenfalls nicht aus dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses.
Vergleichswohnungen in einem Mieterhöhungsverlangen werden nicht dazu aufgeführt, um die ortsübliche Miete aufzuzeigen. Vielmehr ist hiervon der Zweck, dem Mieter zu ermöglichen, das Mieterhöhungsverlangen wenigstens ansatzweise nachzuvollziehen und, sollte er Zweifel hegen, mittels eigener Nachforschungen zu überprüfen, ob die angegebenen Wohnungen tatsächlich vergleichbare Objekte sind. Es ist für einen Mieter nicht nur zumutbar, die Informationen im Erhöhungsverlangen zu prüfen und weitere Informationen einzuholen, vielmehr ist es Zweck des Erhöhungsverlangens, ihn dazu zu befähigen.
Die formelle Wirksamkeit eines Erhöhungsverlangens ist grundsätzlich nicht in Frage gestellt, nur weil ein Mieter die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht allein mittels des Erhöhungsverlangens überprüfen kann. Denn zum hat ein Erhöhungsverlangen nicht tatsächlich den Zweck, die ortsübliche Miete nachzuweisen, zum anderen haben drei Vergleichswohnungen, die üblicherweise in einem Erhöhungsverlangen aufzuführen sind, ohnehin nur begrenzten Erkenntniswert. Daher erübrigt es sich auch, die ortsübliche Miete anhand von nur drei Vergleichswohnungen zu ermitteln, sollte die Mieterhöhung in einem Rechtsstreit angefochten werden.
Hannes Rasp Categories: Immobilien Wissen & News Comments 1238 Grundbuchauszug – Was steht drin?Der Grundbuchauszug ist nicht nur die rechtliche Basis, anhand derer man klären kann, wer der Eigentümer einer Immobilie ist. Bei einem Kauf oder Verkauf wird man unumgänglich einen Grundbuchauszug benötigen, da er zahlreiche weitere Informationen enthält, die für den Kauf- oder Verkaufsprozess von Immobilien absolut grundlegend sind.
Zunächst einmal gibt es das sogenannte Grundbuch. Dies ist ein beschränkt öffentliches Register, das in jedem Bezirk von öffentlichen Behörden geführt wird und in dem Grundstücke und die jeweiligen Eigentümer im betreffenden Bezirk verzeichnet sind. Die Einträge umfassen neben den Eigentumsverhältnissen auch Rechte und Belastungen, die für ein bestimmtes Grundstück bestehen.
Was steht drin in einem Grundbuchauszug? Es ist eine vollständige Abschrift der Einträge, die es zu einem bestimmten Grundstück im Grundbuch gibt. Darin sind Informationen zu den Eigentumsverhältnissen, zu eventuell bestehenden Grundschulden, Nießbrauchrechten oder Hypotheken oder anderen sogenannten Grundpfandrechten aufgelistet. Bei einem Immobilienverkauf dient der Grundbuchauszug den Immobilienbesitzern in erster Linie dazu, nachzuweisen, dass sie wirklich die Eigentümer sind. Anhand des Grundbuchauszugs prüfen Notare und Käufer, dass sie es bei der Person, die als Verkäufer auftritt, tatsächlich mit dem Eigentümer des Objekts zu tun haben. Immobilienkäufer, die den Kauf mit einem Bankdarlehen finanzieren wollen, müssen bei der Beleihungsprüfung den Grundbuchauszug auch bei ihrer Bank vorlegen.
Das Grundbuch enthält als amtliches Register aller Grundstücke eines Gemeindebezirks bestimmte Informationen zu den Eigentumsverhältnissen sowie zu Rechten und Belastungen die mit dem Grundstück verbunden sind. Anhand dieser Eintragungen lassen sich die grundlegenden Rechtsverhältnisse in Bezug auf ein Grundstück klären.
Ein Grundbuch zu einem bestimmten Grundstück besteht immer aus mehreren Abschnitten.
Die Aufschrift listet das zuständige Amtsgericht, den Band und das Blatt des Grundstücks auf. (Bei der Blattnummer handelt es sich um eine eindeutige Zuordnung für die eindeutige Identifikation des jeweiligen Grundbuchblattes. Der Band bzw. die Bandnummer ist jeweils eine Zusammenfassung verschiedener Grundbuchblätter im Bezirk des zuständigen Amtsgerichts).
Es folgt das Bestandsverzeichnis. Hier findet man Angaben zur Lage der Immobilie, zur Größe und zu Wohnungseigentum, zu evtl. bestehenden Erbbau- oder Wegerechten. Das Bestandsverzeichnis ist in drei Abteilungen aufgeteilt. Abteilung eins gibt die Eigentumsverhältnisse wieder. In Abteilung zwei sind die Lasten aufgelistet. Je nach Fall Reallasten, Nießbrauchrechte, Wegerechte, Vorkaufsrechte, Erbbaurecht oder Beschränkungen und Grunddienstbarkeiten, d. h. welche Rechte der Eigentümer anderen Nutzern des Grundstücks einräumen muss. Dafür interessieren sich vor allem Finanzierungsbanken.
Für jedes Grundstück existiert ein eigenes Blatt. Die Blätter sind im Grundbuch nach Bezirken in Bänden zusammengefasst und bilden zusammen das Grundbuch. Stellt ein Eigentümer einen Antrag auf einen Auszug, muss er die Blattnummer zu seiner Immobilie nennen können.
Immobilieneigentümer benötigen einen Grundbuchauszug vorwiegend in drei Fällen. Bei einem Verkauf der Immobilie, im Erbfall und für eine Beleihungsprüfung.
Soll eine Immobilie verkauft werden, muss der Eigentümer einen Grundbuchauszug beantragen. Anhand des Auszuges kann der Eigentümer nachweisen, dass er die Immobilie besitzt und zu einem Verkauf berechtigt ist. Der Kaufinteressent kann anhand des Auszugs sehen, ob Rechte Dritter auf dem Grundstück lasten. Auch der Notar muss sich anhand eines beglaubigten Grundbuchauszugs davon überzeugen, dass die Eigentumsverhältnisse korrekt dargestellt werden.
Im Fall einer Immobilienerbschaft darf sich der neue Besitzer Einblick ins Grundbuch verschaffen und einen Auszug anfordern, damit er sich verlässlich über die tatsächlichen Besitzverhältnisse und eventuelle Verbindlichkeiten informieren kann.
Möchte ein Immobilienbesitzer seine Immobilie als Sicherheit für einen Immobilienkredit einsetzen, führt die Bank eine Beleihungsprüfung durch. Auf hierfür ist ein beglaubigter Grundbuchauszug nötig. Im Regelfall wird der Immobilienkredit über eine Grundschuld abgesichert. Kommt der Kreditnehmer seiner Zahlungspflicht nicht nach, kann die Bank die Immobilie veräußern, zum Beispiel über eine Zwangsversteigerung. Banken prüfen die Kreditwürdigkeit von Kreditnehmern und bestehen aber für den Fall des Kreditausfalls ebenfalls darauf, als Rechteinhaber im ersten Rand des Grundbuchs eingetragen zu werden, wenn sie den Kredit gewähren sollen. Im Fall einer Zwangsversteigerung wird die Bank als Gläubiger damit als erste bedient.
Die Daten im Grundbuch sind grundlegend sensibel, da Vermögens- und Schuldverhältnisse von Eigentümern dargelegt sind. Daher ist ein Grundbuchauszug nicht für jeden einfach so zu bekommen. Wer Einsicht ins Grundbuch wünscht, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Entweder muss man Grundstückseigentümer sein oder im Grundbuch für das betreffende Grundstück selbst eingetragen sein oder man muss ein „berechtigtes Interesse“ für den Grundbuchauszug nachweisen können.
Es gibt einen bestimmten Kreis von Personen oder Institutionen, die ein berechtigtes Interesse an einem Auszug haben können. Dazu gehören Gerichte, bestimmte Behörden, Notare und Makler. Auch öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, Finanzierungsbanken und mögliche Käufer, die einen Vorvertrag vorweisen können ein berechtigtes Interesse auf Einsicht haben. Ebenfalls kann sich dies auf Gläubiger, die einen Vollstreckungstitel gegen den Eigentümer der Immobilie haben und die eine Zwangsvollstreckung anstrengen wollen, erstrecken. Für die Herausgabe des Grundbuchauszugs ist grundsätzlich immer die Zustimmung des Eigentümers notwendig. Im Extremfall kann seine Zustimmung aber gerichtlich eingeklagt werden, falls notwendig.
Für einen Grundbuchauszug ist ein Antrag beim zuständigen Amt erforderlich. Im Regelfall bedeutet das einen Antrag beim Amtsgericht des betreffenden Bezirks, Ausnahme Baden-Württemberg, weil die Grundbuchämter dort bei den Gemeindeämtern angesiedelt sind.
Grundsätzlich dürfen Personen, die ein berechtigtes Interesse vorweisen können, Einsicht ins Grundbuch nehmen und können einen Grundbuchauszug erhalten. In den meisten Fällen ist es auch möglich, einen entsprechenden Antrag online zu stellen.
Für verschiedene Erfordernisse wird ein beglaubigter Auszug benötigt, manchmal genügt auch ein unbeglaubigter. Bevor Personen mit berechtigtem Interesse einen Auszug aus dem Grundbuch anfordern, sollten sie klären, was sie tatsächlich brauchen. Eine unbeglaubigte Abschrift, sprich eine einfache Kopie, oder eine Abschrift, die durch eine Amtsperson beglaubigt wurde. Entscheidend dafür ist der Zweck des Dokuments. Für einen Immobilienverkauf oder eine Beleihungsprüfung wird unbedingt eine beglaubigter Auszug benötigt (Kosten: ca. 18 €). Für die eigenen Dokumente genügt natürlich eine unbeglaubigte Kopie für ca. 10 €. Ist die Sachlage nicht eindeutig, lässt man sich besser gleich eine beglaubigte Abschrift ausstellen.
Hannes Rasp Categories: Immobilien Wissen & News Comments 1164 Gewinnerzielungsabsicht bei Vermietung und EigenbedarfVerluste, die aus einer Vermietung oder Verpachtung entstehen, könnten steuerlich geltend gemacht werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Eigentümer eine nachvollziehbare Absicht darlegen können, wenigstens auf lange Sicht einen Überschuss zu erzielen. Wie aber ist die Sache, wenn eine Eigenbedarfsklausel, sprich, eine Begrenzung des Mietverhältnisses, Teil des Vertrages ist.
Die Möglichkeit eines Eigenbedarfs war für einen Eigentümer absehbar. Deshalb ließ er im Mietvertrag einen Passus hinzufügen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt (vom damaligen Stand in vier Jahren) das Mietverhältnis ende, falls ein Eigenbedarf für seine Nichte eintreten sollte. Der Eigenbedarf war konkret ausgeführt. Letztlich trat die Situation aber nicht in der Weise ein, da der Mieter vorzeitig ausgezogen war und das Objekt schließlich verkauft wurde. Daraufhin bezweifelte allerdings das Finanzamt eine dauerhafte Gewinnerzielungsabsicht. Verluste, die der Eigentümer während der Vermietung steuerlich geltend gemacht hatte, wollte das Finanzamt nicht anerkennen.
Das Finanzgericht Hamburg urteilte dazu am 12.09.2018, dass es sich im vorliegenden Fall nur um eine Befristung für einen Eventualfall handle. Hätte die Nichte die Immobilie bezogen, sei ebenfalls ein angemessener Mietzins vorgesehen gewesen. Die jetzt eingetretene Änderung (sowohl der Auszug der Mieter als auch der nicht erfolgte Einzug der Nichte und der Verkauf des Objektes) sei nicht bereits von Beginn an so vorgesehen gewesen und habe sich erst im Laufe der Zeit so ergeben. Daher ändere dies nichts an der ursprünglichen Gewinnerzielungsabsicht (AZ: 2 K 151/17).
Hannes Rasp Categories: Immobilien Wissen & News Comments 1159 Immobilienmarkt — Entwicklung in der letzten DekadeDas eben abgelaufene Jahrzehnt wird künftig in den Geschichtsbüchern zurecht als das „Jahrzehnt der Immobilie“ geführt werden. Bis 2019 entwickelte sich der Investmentmarkt positiv, gegen Ende des Jahres folgte dann nochmals ein fabelhaftes Feuerwerk an Abschlüssen, das so und in dieser Dynamik wohl kaum zu erwarten war. Im Rückblick offenbart der Markt nun schon seit 10 Jahren einen pausenlosen Aufschwung. Selbst die immer gegenwärtigen Risiken konnten dem „Run“ auf deutsche Immobilien nichts anhaben. Geopolitische Konflikte, der globale Handelsstreit, der Brexit, Krieg, Terror und Flucht sind bittere Realitäten. Dennoch konnten zwischenzeitliche kleine positive Signale auch einen beachtenswerten Motivationseffekt auslösen, sodass einige zunächst ungewisse Investitionsprozesse schließlich doch ins Laufen kamen.
Timo Tschammler, CEO bei der JLL Germany, kommentiert dazu: „Auf Basis des manifestierten Niedrigzinsniveaus erscheint die Immobilie als Anlageprodukt für institutionelle Investoren nahezu alternativlos. Und immer mehr Anleger aus dem In- und Ausland schichten sukzessive ihre Bestände um und erhöhen ihre Immobilienquoten.”
In den kommenden fünf Jahren werden deutsche Staatsanleihen mit einem Volumen von mehr als 800 Milliarden Euro auslaufen. Diese müssen dann wieder neu angelegt werden. Bisher werden diese Staatsanleihen zu einem Zinssatz von rund 3 % verzinst. Damit liegt die Rendite deutlich höher als bei aktuellen Staatsanleihen. Nach Einschätzung von Experten dürfte ein Teil der auslaufenden Staatsanleihen auch in Immobilien angelegt werden. Damit deutet sich an, dass die Nachfrage nach Immobilien in Deutschland in den kommenden Jahren hoch bleiben wird. Eine aktuelle Umfrage der PwC/ULI zeigt denn auch, dass über die Hälfte der dazu befragten europäischen Investoren in 2020 ihre Immobilienbestände weiter ausbauen wollen. Die Rolle deutscher Immobilien wird dabei zentral sein. “Deutschland hat aufgrund seiner föderalen Struktur und der nach wie vor vorhandenen wirtschaftlichen und politischen Stabilität gute Voraussetzungen, um auch in diesem Jahr weit oben auf der Einkaufsliste internationaler und einheimischer Investoren zu stehen”, unterstreicht Timo Tschammler.
Der deutsche Investmentmarkt beging das Jahresende mit einem neuen Rekordergebnis. Das vierte Quartal alleine überragte mit 34 Milliarden Euro die Quartale aller vorhergehenden Vorjahre (bislang lag der Rekord im 4. Quartal 2016 mit 26,5 Milliarden Euro). 73 Transaktionen im dreistelligen Millionen Euro-Bereich oder sogar im Milliardenbereich wurden alleine im letzten Quartal abgeschlossen. Im Gesamtjahr 2019 gab es damit insgesamt 187 Transaktionen über der 100 Millionen Euro-Marke. Inklusive Living lag das Transaktionsvolumen bei fulminanten 91,3 Milliarden Euro.
Am Ende des dritten Quartals lag das Transaktionsvolumen noch auf Höhe des Vorjahres. Gegenüber 2018 kann zum Ende des vierten Quartals aber ein noch ein deutliches Plus von rund 16 % verbucht werden. “Dass so viele Transaktionen noch kurz vor Toresschluss über die Ziellinie getragen wurden, war in dieser Menge nicht zu erwarten und führte im Ergebnis dazu, dass unsere Prognose deutlich übertroffen wurde. Und die schiere Menge an Transaktionen scheint auf den ersten Blick auch die These zu widerlegen, dass es kein adäquates Angebot an Immobilien gibt und dass die sogenannte ‘Wall of Money’ gar nicht befriedigt werden könne”, sagt Timo Tschammler. Einen eklatanten Angebotsmangel sieht der Experte grundsätzlich weiter als gegeben an, so entfielen mit rund 23 Milliarden Euro ca. ein Viertel des Gesamtvolumens auf diejenigen 21 Transaktionen mit besonders großem Volumen über 500 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um eine außerordentliche Ballung der Nachfrage. Das zeigt auch, dass Investitionen über den Kapitalmarkt neben direkten Investitionen zunehmende Bedeutung gewinnen. Auf indirekte Investitionen entfielen etwa 12 Milliarden Euro. Unternehmensbeteiligungen beispielsweise, Übernahmen oder auch der Kauf von Aktienpaketen sind eine interessante Alternative für diejenigen, die sich in Zeiten mit knappem Angebot Immobilieneigentum sichern wollen.
Die Transaktionsliste wurde angeführt vom Verkauf der Immobilien des kanadischen Immobilieninvestors Dream Global an das US-amerikanische Investmentmanagement-Unternehmen Blackstone. Der Wert der daran beteiligten deutschen Immobilien liegt bei ca. 3,2 Milliarden Euro. Alle Einzeltransaktionen zusammen (56,2 Milliarden Euro) machen übrigens 62 % des gesamten Transaktionsvolumens aus. Zugenommen haben übrigens auch Portfolioverkäufe, die ebenfalls durch die genannten Unternehmensübernahmen gepusht wurden. Hier erreicht das Jahresergebnis etwa 35 Milliarden Euro, 24 % mehr als noch im Jahr zuvor.
2019 dominierten Büro- und Wohnimmobilien den deutschen Investmentmarkt. Ca. 40 % des gesamten Transaktionsvolumens verteilten sich in die Assetklasse Büro, 24 % in die Assetklasse Living. Die immer Suche nach renditestarken Immobilien wird allerdings immer herausfordernder. Daher spielen auch alternative Assetklassen wie Gesundheits- und Pflegeimmobilien eine immer größere Rolle.
Daneben kommen einzelhandesgenutzte Immobilien lediglich noch auf einen Anteil von 12 % — historisch niedrig. Shopping-Center-Transaktionen mit großem Volumen kommen immer seltener vor. Allerdings sind Fachmarktprodukte immer noch bei Investoren gefragt, vor allem wenn sie Lebensmittelabteilungen enthalten. Im Großen und Ganzen werden Einzelhandelsimmobilien allerdings nach wie vor kritisch eingestuft.
Der Anteil von Logistikhallen liegt bei etwa 7 %. Da der E‑Commerce-Bereich aber eine hohe Dynamik aufweist, sollte dieser Anteil eigentlich höher liegen. Grundsätzlich fehlt es hier an Neubauten und damit schlicht an Investitionsmöglichkeiten.
Die Beliebtheit mischgenutzte Immobilien, bei denen keine Assetklasse stark überwiegt, nimmt indes zu, der Anteil am Transaktionsvolumen beträgt hier etwa 10 %. Immobilienprofis sehen hier Vorteile für Immobilienobjekte, wenn sie die zunehmende Verzahnung von Leben, Arbeit und Freizeit unterstützen, denn das hilft auch den Investoren bei der Diversifikation.
Der Kapitaldruck der Investoren ist enorm. So überrascht es auch nicht, dass das Gros des Transaktionsvolumens nach wie vor auf die Big 7 entfällt. 52,6 Milliarden des Gesamtvolumens werden in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart investiert. Das sind 14 % mehr als 2018. Die Kapitalsumme entspricht 58 % des gesamten Kapitals, das in deutsche Immobilien investiert wurde. Der Prozentwert entspricht im Durchschnitt in etwa demjenigen der letzten fünf Jahre. Die besondere Bedeutung der deutschen Metropolen als Zielgebiet für Investmentkapital – national und unternational – zeigt sich hier deutlich. Auf der anderen Seite muss die sehr unterschiedliche Performance der Big 7 ebenfalls klar herausgestellt werden. Klarer Spitzenreiter ist Berlin mit 15,8 Milliarden und 46 % Plus gegenüber 2018. 30 % des Kapitals, das in die Big 7 investiert wurde, entfällt damit alleine auf die Hauptstadt. 10,9 Milliarden gehen nach München mit einem Anstieg von 65 %, 10 Milliarden gehen nach Frankfurt, das allerdings gegenüber 2018 rund 14 % verliert. Weitere Hochburgen mussten ebenfalls einen Rückgang des Volumens hinnehmen. In Hamburg war dieser mit 24 % besonders deutlich. Dass sich die Investitionen zunehmend auf Berlin, München oder Frankfurt konzentrieren ist allerdings nachvollziehbar, wenn die Nachfragesituation betrachtet wird. Denn diese nimmt vor allem für großvolumige Objekte zu, und Möglichkeiten bieten sich, was Deutschland betrifft, vor allem in diesen Metropolregionen.
Tatsächlich bieten aber auch Städte, die nicht zu den Big 7 zählen, interessante Gelegenheiten. 2019 flossen immerhin etwa 38,7 Milliarden Euro in weitere Städte, das sind 17 % mehr als im Vergleichsjahr 2018. Natürlich sind hier die Einzelvolumina kleiner, das macht sich hauptsächlich im Bürosegment bemerkbar. Aber auch abseits der Big 7 können solche Investitionen, je nach Investmentstrategie, rentabel sein. Die Entscheidende Variable ist hier, in welchem Ausmaß der jeweilige Markt innovativ und zukunftsfähig ist. Außerhalb der Big 7 gab es die größte Transaktion des Jahres in Erlangen. Die Union Investment kaufte hier ein Bürogebäude von der Siemens Real Estate.
Für die künftige Entwicklung in B‑Städten erwarten Experten in den künftigen Jahren einen moderaten Anstieg. Denn das Produktangebot in den großen Immobilienhochburgen wird aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren kaum zunehmen. Zudem bewegen sich die Kaufpreise dort mittlerweile in Bereichen, die eine Anlage in den Big 7 ausschließt. Allerdings bieten auch mittelgroße Städte attraktive Investitionsmöglichkeiten. Aufgrund seiner föderalen Struktur und mittlerweile vieler „talentstarker“ und innovativer Städte bietet Deutschland ein großes Diversifikationspotenzial. Was die Big 7 betrifft, hier wirkt sogar ein Leerstand nicht mehr abschreckend, denn die Vermietungsmärkte laufen übergreifend noch immer gut. Im Gegenteil bieten sich sogar Möglichkeiten für Mietsteigerungen.
Bereits seit geraumer Zeit zeigt sich ein moderater Renditerückgang bei Top-Produkten der transaktionsstärksten Nutzungsart in Bestlagen: Die Spitzenrendite für Büroimmobilien liegt nun bei mittleren 2,93 % in den sieben Hochburgen, das ist nochmals ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorquartal. Im 12 Monatsvergleich sind das 18 Basispunkte weniger. Die JLL Germany hält es für wahrscheinlich, dass sich die höchsten Renditen in diesem Bereich auf diesem Niveau stabilisieren werden.
Für Lagen und Produkte abseits von Top und Core könnte sich auch im nächsten Jahr die Rendite weiter verringern. Damit würde sich auch der Abstand zur Spitzenrendite verringern, der 2019 abhängig von Lage und Objektausstattung zwischen 20 und 140 Basispunkten beträgt.
In den Big 7 sind die Kapitalwerte für Büroimmobilien im Durchschnitt weitergewachsen, in Kombination mit höheren Mieten dürfte der mittlere Anstieg um die 12 % betragen. Für 2020 ist allerdings nur noch ein geringerer Zuwachs im Rahmen von 4 % zu erwarten, da von einer allgemeinen Stabilisierung der Renditen auszugehen ist.
Am stärksten ausgeprägt zeigt sich die Dynamik der Renditen nach wie vor bei Logistikimmobilien. 2019 liegen die Anfangsrenditen bei 3,75 %, diese haben insgesamt weiter nachgegeben. Betrachtet man den Zeitraum seit 2014, so gingen die Renditen seither um über 240 Basispunkte zurück, gegenüber Büroimmobilien ist der Spread mit 82 Punkten so gering wie nie davor. Auch für 2020 ist aufgrund der guten Nachfrage nach Logistikimmobilien und der lockeren Geldpolitik weiter mit einem anhaltenden Abwärtsdruck auf die Renditen zu rechnen.
Aufgrund der starken Renditekompression liegen 2019 die Zuwachsraten für den Kapitalwert bei Logistikimmobilien ebenfalls auf einem Niveau von 12 %. Die Chancen auf weitere positive Zuwachsraten in 2020 stehen gut. Für Einzelhandelsimmobilien ist eine Fortsetzung der Ausdifferenzierung der Renditen ein wahrscheinliches Szenario.
Für Geschäftshäuser in Innenstädten entwickeln sich die Renditen in den Big 7 stabil. Ende 2019 liegt der Durchschnitt wie 2,84 %. Inzwischen sind für Top-Fachmarktzentren mit Nahversorgungscharakter niedriger Renditen akzeptabel (4,2 %) als für Premium-Shopping-Center. Bei Premium-Shopping-Centern zeigte sich seit dem Tiefpunkt zum 3. Quartal 2018 ein Anstieg von 60 Basispunkten. Hier weisen die Indikatoren auf eine Stabilisierung des Aufwärtstrends und der Renditeentwicklung.
* Das Transaktionsvolumen umfasst: Büro‑, Logistik, Einzelhandels- und Industrieimmobilien, Grundstücke, Hotels, Spezialimmobilien, gemischt genutzte Immobilien, die Assetklasse Living mit Mehrfamilienhäusern und Wohnportfolios ab zehn Wohneinheiten und 75 % Wohnnutzung, den Verkauf von Unternehmensanteilen (ohne Börsengänge), Appartmenthäuser, Studentenwohnungen, Senioren- und Pflegeimmobilien sowie Kliniken.
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