470 Wohnen und Steuern — Grunderwerbsteuer und Grundsteuer immer höher

Wohnen soll in Deutsch­land bezahlbar bleiben, das verspre­chen die Parteien im Bundes­tags­wahl­kampf. Doch tatsäch­lich sind es hohe Steuern und Abgaben, die das Wohnen immer teurer machen. Daher Ist für viele Mieter und Selbst­nutzer der Staat der wahre Kosten­treiber! Vor allem bei der Grund­steuer und der Grund­er­werb­steuer hat die Politik die Belastungs­schraube stark angezogen.

Grunderwerbsteuer

27 Steuer­erhö­hungen: Der Steuer­satz bei der Grund­er­werb­steuer kennt seit zehn Jahren nur eine Richtung – nach oben. Seit dem Jahr 2006 können die Bundes­länder den Steuer­satz selbst festlegen. Seitdem ist die Grund­er­werb­steuer insge­samt 27 Mal erhöht worden. Steuer­sen­kungen: Fehlan­zeige! In Branden­burg, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und dem Saarland ist der Steuer­satz mit 6,5 Prozent am höchsten. Nur in Bayern und Sachsen liegt der Steuer­satz noch unver­än­dert bei 3,5 Prozent.

Gefüllte Kassen

Die Einnahmen aus der Grund­er­werbs­steuer haben sich zwischen 2006 und 2016 von 6,1 Milli­arden € auf 12,4 Milli­arden € erhöht. (Quelle: Stati­sti­sches Bundesamt)

Straf­steuer für Familien

Familien erwerben beson­ders häufig ein Eigen­helm: Mehr als die Hälfte der Wohneigentumser­werber sind Paare mit Kindern, obwohl ihr Anteil an der Gesamt­be­be­völ­ke­rung nur ein Fünftel beträgt. Die Grund­er­web­steuer trifft daher vor allem junge Familien, die ihren Traum von den eigenen vier Wänden verwirk­li­chen wollen.

Hohe Hürde für Wohneigentum

Der massive Anstieg der Grunderwerbsteuerbe­lastung hemmt zuneh­mend die Bildung von Wohnei­gentum. Inzwi­schen macht die Grund­er­werb­steuer regel­mäßig den mit Abstand größten Teil der Erwerbs­ne­ben­ko­sten aus. Auch dadurch stagniert die Wohnei­gen­tums­quote In Deutsch­land auf einem inter­na­tional niedrigen Niveau von 45 Prozent. Denn im OECD-Durch­schnitt liegt die Wohnei­gen­tums­quote bei 65 Prozent.
Quelle: OECD

Die Grundsteuer

Volks­steuer Nr. 1: Die Grund­steuer ist eine Volks­steuer, denn sie trifft jeden — so­wohl Mieter als auch Selbstn­nutzer. Vielen Mietern ist das gar nicht bewusst. Doch ein Blick auf die Neben­ko­sten­ab­rech­nung zeigt, dass die Grund­steuer umgelegt und daher über die monat­liche Miete mitbe­zahlt wird. Zu unter­scheiden ist zwschen der Grund­steuer A, die fand- und forst­wirt­schaft­liche Betriebe zahlen, und der Grund­steuer B, die alle übrigen Grund­stücke belastet.

Hebesätze steigen und steigen

Über 60 Prozent aller Gemeinden haben den Hebesatz der Grund­steuer B in den letzten fünf Jahren minde­stens einmal erhöht, Hebesatz­sen­kungen gab es hingegen nur in jeder hundert­sten Gemeinde. Auch insge­samt ist die Belastung für Mieter und Selbst­nutzer deutlich gestiegen. So sind die gewogenen Durch­schnitts­he­be­sätze bei der Grund­steuer B von 410 Prozent (2010) auf 455 Prozent (2015) hochge­schnellt. Das zeigt: Die Belastung steigt auf breiter Front an.

Mehrein­nahmen für Städte und Gemeinden

Starke Zuwächse gibt es auch beim Aufkommen: Die Grund­steuer ist eine stabile Einnah­me­quelle, die den Kommunen auch in wirtschaft­lich schlechten Zeiten die Kassen füllt. Sie ist damit eine feste Haushalts­größe, was sie beiden Kämme­rern sehr beliebt macht. Freuen dürften sich die kommu­nalen Kassen­war­teauch über die Aufkom­mens­ent­wick­lung der letzten Jahre. So ist das Aufkommen der Grund­steuer B von 11 Milli­arden € (2010) auf 13,3 Milli­arden € (2016) gestiegen, was einem Zuwachs um mehr als ein Fünftel entspricht. Was für die Gemeinden ein dickes Steuer­plus ist, macht jedoch für die Bürger das Wohnen noch teurer!

Reformen stocken

Weitere Mehrbe­la­stungen drohen: Die Bundes­länder wollen die Grund­steuer aufkom­mens­neu­tral refor­mieren – die Belastung soll also im Schnitt nicht ansteigen. Ob es dazu kommt, ist aber ungewiss. So haben Berech­nungen der Hambur­ger Senats­ver­wal­tung ergeben, dass durch die Reform die Grund­steu­er­werte durch­schnitt­lich um den Faktor 10 ansteigen könnten – in einigen Wohnge­bieten sogar um den Faktor 40. Ob an anderer Stelle, etwa beim Hebesatz, entspre­chend entla­stet wird, ist fraglich. Für viele Mieter und Selbst­nutzer drohen also weitere Mehrbelastungen!

Fazit:

In den letzten Jahren ist die Belastung bei der Grund­steuer und der Grund­er­werb­steuer stark gestiegen. Hier muss die Politik ansetzen und gegen­steuern. Damit das Wohnen in Deutsch­land wirklich bezahlbar bleibt, müssen Mieter und Selbst­nutzer spürbar entla­stet werden.

Quelle: Bund der Steuerzahler
Bild: Shutterstock

Categories: Immobilien Wissen & News | Comments 811 Die Wahrheit über „Kaufen ist besser als mieten“

Wer eine Wohnung kauft, steht selbst in den Großstädten auf Dauer finan­ziell besser da als ein Mieter. Das besagt eine aktuelle Studie. Eine wichtige Zusatz­be­la­stung wird dabei jedoch ausgeblendet.

Mieten oder Kaufen? Mit dieser Frage schlagen sich viele Bürger seit Jahren herum. Zuletzt erschien die Antwort recht einfach – zumin­dest in Ballungs­ge­bieten: Angesichts der kräftigen Steige­rung der Preise für Häuser und Eigen­tums­woh­nungen ging die Rechnung trotz niedriger Kredit­zinsen für viele nicht mehr auf. Die monat­liche Belastung für Zins und Tilgung übersteigen jedes normale Budget. Sie beant­wor­teten die Frage deshalb für sich zuneh­mend mit Mieten.

Gegen diese weit verbrei­tete Sicht macht die Immobi­li­en­wirt­schaft regel­mäßig Stimmung, in diesem Fall der Wohnungs­pri­va­ti­sierer Accentro. Das Unter­nehmen, das vor allem in Berlin Käufer für Wohnungen sucht, beauf­tragte die Immobi­li­en­ex­perten des Insti­tuts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln mit einer Studie. Das Ergebnis wider­spricht auf den ersten Blick tatsäch­lich der gängigen Meinung, dass Eigentum heutzu­tage in vielen Fällen bereits zu teuer geworden sei. „Bei einer gesamt­deut­schen Betrach­tung ist der Erwerb von Wohnei­gentum durch­schnitt­lich rund 41 Prozent günstiger als Mieten“, sagte Studi­en­autor Michael Voigt­länder bei der Präsen­ta­tion der Ergebnisse.

In Hamburg und Berlin seien es mehr als 45 Prozent, in Stutt­gart 35 Prozent, sogar im teuren München noch 34 Prozent. Selbst bei konser­va­tiver Betrach­tung, wenn künftige Preis­stei­ge­rungen bei Immobilien und Mieten nicht berück­sich­tigt werden, ist Kaufen laut Studie besser als Mieten: Der Vorteil liegt dann in den Großstädten zwischen 36 Prozent in Köln und sechs Prozent in München – immer unter­stellt, dass der Käufer die Wohnung selbst nutzt.

Monat­liche Tilgung nicht berücksichtigt

Insge­samt wurden die Mieten und Kaufko­sten für 402 Kreise ausge­wertet. Die Experten vergli­chen die durch­schnitt­li­chen Mietko­sten pro Quadrat­meter in den einzelnen Kreisen mit den durch­schnitt­li­chen Eigen­tü­mer­ko­sten pro Quadrat­meter. Darin enthalten ist der Zins, die Grund­er­werb­steuer, Kosten für Instand­set­zung, Abschrei­bungen und, je nach Rechnung, erwar­tete Wertveränderungen.

Ein wichtiger Punkt des gewählten Ansatzes ist: Die monat­liche Tilgung wird nicht berück­sich­tigt. Voigt­länder begründet das damit, dass der Käufer schließ­lich Eigentum bildet und damit etwas für seine Alters­vor­sorge macht. „Anson­sten hätten wir beim Mieter auch unter­stellen müssen, dass er neben seiner monat­li­chen Miete zusätz­lich etwas in seine Alters­vor­sorge investiert“, sagte der IW-Immobi­li­en­fach­mann. Accentro-Vorstands­chef Jacopo Mingazzini ergänzte: „In den meisten Kreisen können die Haushalte Wohnei­gentum kaufen und vollständig entschulden, ohne dass sie stärker belastet werden würden als Mieter.“

Theore­tisch mag dieser Gedanke richtig sein, doch mit der Realität hat er wenig zu tun. Denn wegen der deutlich gestie­genen Kaufpreise haben sich auch die Tilgungs­raten deutlich erhöht. De facto gibt es eben nicht nur den Zins, sondern auch eine Tilgung. Wer die Immobilie bis zum Renten­alter schul­den­frei haben will, muss entspre­chend hohe Beträge zahlen, um den Kredit abzustot­tern. Die Einkommen der meisten Menschen haben sich aller­dings nicht in dem Maße erhöht, sprich, viele überfor­dert deshalb die monat­liche finan­zi­elle Belastung aus Zins plus Tilgung. Zumal die Banken minde­stens 20 Prozent Eigen­kapital fordern. Auch da macht es einen Unter­schied, ob die Wohnung 400.000 Euro oder 600.000 Euro kostet. Hinzu kommen außerdem die hohen Kaufne­ben­ko­sten von mehreren zehntau­send Euro.

Eine verein­fachte Rechnung macht das deutlich: Angenommen, eine Wohnung kostet 400.000 Euro, der Kredit­zins liegt bei zwei Prozent, die anfäng­liche Tilgung beträgt drei Prozent. Im Vergleich zu einer Wohnung, die jedes Jahr 12.000 Euro Miete kostet und in der der Mieter sein Geld mit einer Zwei-Prozent-Verzin­sung anlegt, steht der Käufer rein rechne­risch zwar nach neun Jahren besser da als der Mieter. Doch er muss auch über viele Jahre hinweg eine De-facto-Mehrbe­la­stung von rund 9000 Euro im Jahr für den Schul­den­dienst aufbringen.

Aus noch einem Grund ist der alte Leitspruch „Was Sie für Miete ausgeben, können Sie auch der Bank geben“ in vielen Fällen nicht mehr gültig. Denn die Preise für Wohnungen und Häuser und damit auch die Kosten für Käufer steigen weitaus schneller als die Mieten – selbst in bei Mietern gefragten Großstädten. Das Markt­for­schungs­un­ter­nehmen F+B ermit­telt jedes Quartal durch­schnitt­liche Miet- und Kaufpreise und beobachtet schon seit Jahren, wie Kauf- und Mietpreise ausein­ander driften.

So war es auch im dritten Quartal dieses Jahres. Mieten in bestehenden Wohnungen seien im Vergleich zum Vorquartal nur um 0,3 Prozent gestiegen – ein Wert, der sogar noch unter­halb der allge­meinen Infla­tion lag. Für neu gebaute Wohnungen stiegen die Mieten um 0,6 Prozent. Ganz anders jedoch die Entwick­lung bei Kauf-Immobilien: Eigen­tums­woh­nungen haben sich F+B zufolge von Juli bis September 2016 um 2,2 Prozent verteuert, Einfa­mi­li­en­häuser um 1,8 Prozent.

Noch deutli­cher wird der Preis­ga­lopp beim Vergleich zum Vorjah­res­quartal. Binnen Jahres­frist verteu­erten sich Eigen­tums­woh­nungen um 7,1 Prozent. Inner­halb der letzten fünf Jahre lag der Preis­an­stieg sogar bei 31,1 Prozent. Neuver­trags­mieten hätten sich dagegen um nur rund zehn Prozent verteuert.

Das bedeutet: Die Kosten für Käufer steigen immer weiter und auch schneller als die Kosten für Mieter. Das liegt auch daran, dass Käufer nicht nur in Konkur­renz zu anderen Käufern stehen, die eine Wohnung selbst nutzen kaufen möchten – sondern auch mit Kapital­an­le­gern konkur­rieren, die angesichts der niedrigen Zinsen ihr Geld auf dem Wohnungs­markt anlegen oder einfach nur parken wollen. Mieter dagegen konkur­rieren „nur“ mit anderen Mietern und können über kurz oder lang auch nicht mehr bezahlen als ihre eigene Kaufkraft hergibt.

Weiterer Unsicher­heits­faktor ist die künftige Zinsent­wick­lung. Zwar lässt sich die Wohnung oder das Haus heute problemlos zu einem Zinssatz von 1,8 Prozent finan­zieren. Doch zu welchem Zinssatz gelingt in zehn Jahren die Anschluss­finanzierung? Das ist die bange Frage, die sich viele Immobi­li­en­be­sitzer stellen. Auch dies haben sich die Autoren der IW-Studie angeschaut – und auch hier geben sie Entwar­nung. „In vielen Kreisen kann der Zins deutlich gegen­über dem heutigen Zins steigen, ohne dass sich eine Mehrbe­la­stung für den Käufer ergibt“, sagt Voigt­länder. In 325 Kreisen liege der sogenannte finan­zie­rungs­neu­trale Zins bei mehr als vier Prozent, in 280 Kreisen sogar bei mehr als fünf Prozent.

In den meisten großen Städten liegt er immerhin minde­stens bei drei Prozent. Nur Hamburg mit 2,6 Prozent und vor allem München mit 0,8 Prozent liegen darunter. Die bayeri­sche Landes­haupt­stadt und einige Kreise in der Umgebung sind laut Studie denn auch die einzigen Gegenden in Deutsch­land, wo Kaufen schon bei kleineren Zinser­hö­hungen hinter Mieten zurückfällt.

Studien-Auftrag­geber Mingazzini zeigte sich ob der Ergeb­nisse erwar­tungs­gemäß zufrieden. Er sprach von einer histo­ri­schen Chance, die Deutsch­land gerade verspiele: nämlich die Menschen in Wohnei­gentum zu bringen. Statt die Vorteile des Eigen­tums gerade mit Blick auf die Alters­vor­sorge in den Mittel­punkt zu stellen, werde auch von der Politik wegen der steigenden Immobi­li­en­preise eine Panik­stim­mung erzeugt, die so nicht gerecht­fer­tigt sei. Die Kaufzu­rück­hal­tung vieler Menschen ist aus seiner Sicht psycho­lo­gisch zu begründen, nicht faktisch.

Quelle: welt.de
Bild: pexels

Categories: Immobilien Wissen & News | Comments
Zurück nach oben