Angeblich ziehen viele Menschen wegen Corona weg von den Städten und raus aufs Land. Zudem soll Corona auch die Immobilienpreise drücken. Anhand neuer Zahlen für den Mai wollen wir einige gängige Immobilienmythen in Corona-Zeiten auf den Prüfstand stellen und feststellen, wie sich der Immobilienmarkt seit Corona wirklich entwickelt.
In welchem Ausmaß die Corona-Krise unsere Wirtschaft auf Dauer beeinträchtigen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar. Auch die Folgen, die Corona bislang auf den Immobilienmarkt hatte, sind noch nicht wirklich ersichtlich. Hier wird zurzeit viel spekuliert, vor allem, weil es noch keine Langzeitdaten gibt und weil sich vieles erst zeitverzögert zeigen wird. Um die derzeit gängigsten Mythen einmal zu überprüfen, hat das Immobilienportal Immobilienscout 24 alle bis Ende Mai auf dem Portal veröffentlichten Immobilienanzeigen ausgewertet. Hier die wichtigsten Ergebnisse:
Immobilienmarkt — Gibt es wegen Corona wirklich einen Einbruch bei Angebot und Nachfrage?
Hier zeigt sich bei der Auswertung von Immobilienscout24: Nein. Vielmehr hat das Angebotsvolumen nach einem kurzzeitigen Corona-Schock wieder deutlich zugelegt und bewegt sich sogar über dem vorherigen Niveau. Am Ende des Mais 2020 liegt die Zahl der Immobilienangebote um fünf Prozentpunkte höher als noch vor Beginn der Corona-Krise.
Soviel zum Gesamtbild. Bei differenzierterer Betrachtung zeigt sich allerdings ein eher ungleiches Bild. Denn tatsächlich stagnierten die Angebote für Kaufimmobilien mit einem Plus von 0,3 % nahezu, während die Angebote für Mietimmobilien zum 11,1 % zulegen konnten. Aufs Ganze gesehen ging die Zahl der Mietimmobilien-Angebote um fast 10 % zurück, nachdem die Kontaktbeschränkungen angekündigt waren, seit dem Tiefpunkt am 26. März stiegen die Angebote nun aber wieder um 17,4 % an.
Betrachten wir auch die Nachfragesituation am Immobilienmarkt. Auch für die Nachfrage zeigt die Auswertung, dass diese sich aufgrund von Corona nur kurzzeitig verringerte und jetzt wieder ihr vorheriges Niveau erreicht hat. Zum Ende des Mais wurden bereits wieder 19 % mehr Exposés aufgerufen als noch vor der Krise. Den stärksten Anstieg registrierte Immobilienscout bei Kaufimmobilien, hier gab es knapp 17 % mehr Anfragen als vor der Corona-Krise.
Schon zu Beginn des Jahres habe es bei den Immobilienangeboten Rekorde gegeben, diese seien aber nun noch einmal übertroffen worden, so Thomas Schroeter, Geschäftsführer Immoscout24. Der Immobilienmarkt zeige sich auch in Zeiten von Corona hochdynamisch und krisenfest.
Gibt es eine Verschiebung der Nachfrage von Städten aufs Land?
Für Wohnraumexperten deutete schon kurz nach dem Start der Corona-Krise einiges darauf hin, dass es die Menschen nun zunehmend aufs Land ziehen würde. Zum einen wegen der größeren Infektionsgefahr in den dichten Städten, zum anderen aber auch aufgrund der neuen Möglichkeiten, die das Homeoffice bietet. Allerdings sieht die Immobilienscout-Studie für diese Annahme keine direkten Belege.
Es zeigte sich im März zwar eine deutlich geringere Nachfrage nach Kaufimmobilien in Großstädten wie München und Berlin, diese hat aber bald darauf wieder stark zugenommen. Allerdings zeigte sich auch eine Zunahme der Nachfrage nach Wohnhäusern auf dem Land. Thomas Schroeter liest aus den Zahlenwerten aber keine wirklich signifikante Verschiebung ab.
So geben auch über zwei Drittel aller Nutzer an, dass die Corona-Krise nichts an ihren Suchpräferenzen geändert habe. Was sich allerdings geändert hat, ist, wie das eigene Zuhause wahrgenommen wird, und zwar unabhängig davon ob in der Stadt oder auf dem Land: Fast jeder Zweite schätzt sein Zuhause seit der Pandemie mehr wert als davor.
Verringern sich die Immobilienpreise?
Zu Beginn der Corona-Krise herrschte allenthalben große Unsicherheit. Manch eine Prognose sah für Immobilien Preiseinbrüche bis zu 25 %. Bislang ist das aber nicht der Fall. Im Gegenteil stiegen sie Immobilienpreise bis jetzt einfach weiter an. Die Daten der Immoscout-Studie bestätigen das: Allein seit Beginn dieses Jahres sind die Angebotspreise für Kaufimmobilien um gute 6 % gestiegen, eine Corona-Delle gab es nicht. Im Segment Mietimmobilien sah man hingegen durchaus einen Rückgang, allerdings nur sehr temporär. Heute liegen die Preise auch hier wieder 2,5 % über dem Niveau nach Beginn der Krise.
Thomas Schroeter sieht die Preise völlig unbeeindruckt von der Pandemie. Vielmehr steigen die Preise sowohl im Kauf- als auch im Mietmarkt kontinuierlich, folgt man der Studie.
Homeoffice – bricht der Büro-Immobilienmarkt wegen Corona ein?
Was Kaufimmobilien angeht, zeigt die Corona-Pandemie kaum einen Effekt. Für eine Stadt- oder eine Büroflucht gibt es diesbezüglich keine signifikanten Anzeichen. Die Zahl der zum Verkauf inserierten Büroflächen zeigt sich stabil, ebenso die Exposéaufrufe und die Kontaktanfragen.
Beim Mietmarkt gibt es bei Immobilienscout dagegen mehr Bewegung. Hier zeigte sich die Angebotszahl einigermaßen stabil, allerdings gingen die Kontaktanfragen im März um über 50 % zurück. Aber auch sie haben mittlerweile fast wieder das Niveau zu Beginn der Krise erreicht. Auf die Mietpreise hatte all das wiederum kaum einen Einfluss. Diese schwankten lediglich im Rahmen weniger Prozentpunkte.
Die Immoscout-Studie zeigt damit ähnliche Ergebnisse wie die Auswertungen anderer Fachkreise: Wenn es überhaupt einen Corona-bedingten Einbruch auf dem Immobilienmarkt gab, dann nur sehr kurzzeitig im März. Mittlerweile hat sich der Immobilienmarkt bereits wieder normalisiert – und die Preise fallen nicht, sie steigen allerorten – auch mit Corona.
Klar ist, auch das ist natürlich nur eine Bestandsaufnahme. Es gibt auch warnende Stimmen, nach denen es durchaus noch einen Einbruch auf dem Immobilienmarkt geben könnte. Das wäre dann fast unausweichlich, wenn sich die schlimmsten Prognosen bewahrheiten und die Wirtschaft in Deutschland tatsächlich massiv einbrechen sollte.