Deutsch­land ist in den kommenden Jahrzehnten ein Land der Erben. Enorme Vermö­gens­werte werden von einer Genera­tion an die nächste weiter­ge­geben. Den größten Wertan­teil der Erbschaften machen dabei Immobilien aus, Häuser, Wohnungen oder Grund­stücke. Denn kaum eine Immobilie in Deutsch­land ist noch unter einem sechs­stel­ligen Betrag zu haben. Doch beim Erben gibt es immer wieder recht­liche Änderungen oder neue juristi­sche Ausle­gungen, was die Sache mitunter nicht immer einfa­cher macht. Deshalb sollte man die gültige Rechts­lage immer im Blick haben. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat daher in einer Extra-Ausgabe einige neue Urteile zum Thema Immobi­li­en­er­b­schaft zusammengestellt:

Steuerfreies Vererben bei Selbstbezug und mehreren Immobilien

Bei Selbst­bezug kann Ehegatten eine Immobilie völlig steuer­frei, Kindern mit gewissen Einschrän­kungen steuer­frei vererbt werden. Aller­dings kann es bei dieser erben­freund­li­chen Famili­en­heim-Lösungen auch zu Einschrän­kungen kommen, wenn die Immobilie nicht als ein zusam­men­ge­hö­rendes „Erbstück“ an die Erben übergeht. So entschied das Finanz­ge­richt Düssel­dorf in einem Fall, bei dem zwei anein­an­der­gren­zende, aber im Grund­buch auf verschie­denen Blättern einge­tra­gene Grund­stücke, die gleich­zeitig vererbt wurden, dass diese unter­schied­lich behan­delt werden müssen. So konnte das Grund­stück mit dem Haus bei Selbst­bezug steuer­frei vererbt werden, das direkt daneben­lie­gende Garten­grund­stück aber nicht, da es sich dabei ja nicht um ein Famili­en­heim handelte (AZ: 4 K 1063/17).

Reparaturen nach dem Erbfall steuerlich abschreiben?

Bisweilen müssen Erben erheb­li­chen Aufwand betreiben, um eine Immobilie verwerten zu können. Durch Reparatur‑, Renovie­rungs- oder Sanie­rungs­maß­nahmen wird der übertra­gene Wert unterm Strich geschmä­lert. In einem Fall musste ein Erbe einen größeren Ölschaden für über 10.000 Euro besei­tigen. Ein Drittel davon wollte er steuer­lich als Nachlass­ver­bind­lich­keiten absetzen. Das mit dem Streit­fall betraute Finanz­ge­richt Münster urteilte aller­dings anders. Nur Verpflich­tungen, die schon zum Zeitpunkt des Erbfalls in der Person des Erblas­sers begründet waren, seien abzugs­fähig. Dies sei im vorlie­genden Fall nicht zutref­fend (AZ: 3 K 900/13).

Den Erbverzicht rückgängig machen?

Jeder Erbe ist grund­sätz­lich berech­tigt, sein Erbe auszu­schlagen und es nicht anzunehmen. Bevor man das aber tatsäch­lich tut, sollte man das gut überdenken. Zwei Frauen verspra­chen sich nichts vom Erbe ihrer gemein­samen verstor­benen Schwe­ster, einer vernach­läs­sigten Mietwoh­nung, und verzich­teten auf das Erbe. Im Nachhinein stellte sich aber heraus, dass am Ende immerhin noch rund 6.000 Euro übrig­ge­blieben wären. Im Lichte dieser Erkenntnis wollten die Erbinnen ihre Ausschla­gung zurück­nehmen. Das Oberlan­des­ge­richt Düssel­dorf lehnte das aber ab. Auch wer ohne sichere Infor­ma­tionen über die Vermö­gens­si­tua­tion vorschnell verzichtet, kann seinen Verzicht später nicht wieder rückgängig machen (AZ: 3 Wx 140/18).

Können Schwerkriminelle ein Wohnrecht erben und einfordern?

Das Leben schreibt mitunter auch recht befremd­liche Geschichten: Ein Mann, der seinen Bruder getötet hatte, wurde zu einer Freiheits­strafe von knapp 10 Jahren verur­teilt. Der Verur­teilte besaß aber noch ein Wohnrecht im Haus seines verstor­benen Bruders. Damit wollte sich die Ehefrau des Getöteten, die selbst ebenfalls noch in dem Haus wohnte, nicht abfinden und verlangte, dass das Wohnrecht gelöscht wird. Der Rechts­streit reichte bis zum Bundes­ge­richtshof. Dieser entschied schließ­lich, dass es für die Witwe eine unzumut­bare Belastung darstelle, würde der Bruder des Getöteten sein Wohnrecht ausüben. Das Wohnrecht müsse aber nicht unbedingt gelöscht werden, es könne auch an einen Dritten abgetreten werden (AZ: V ZR 208/15).

In den Mietvertrag eines verstorbenen Lebenspartners einsteigen

Ein Ehe- oder Lebens­partner kann nach dem Tod des Partners in den Mietver­trag des Verstor­benen eintreten, wenn er mit diesem einen gemein­samen Haushalt geführt hat. Aller­dings gibt es Krite­rien dafür, wann es sich um einen gemein­samen Haushalt handelt. Das ist nach Ansicht des Amtsge­richts Hamburg-St. Georg nur dann der Fall, wenn die Wohnung wirklich der Lebens­mit­tel­punkt war. Im Fall eines Paares, das seit mehr als 30 Jahren in Mexiko wohnte, seine Wohnung in Deutsch­land aber nur wenige Wochen pro Jahr nutzte, sah das Gericht keinen gemeinsam genutzten Haushalt und sah das Eintritts­recht in den Mietver­trag durch den überle­benden Partner nicht als recht­mäßig an (AZ: 922 C 245/13).

Den Besitz an der Wohnung eines verstorbenen Mieters ohne Erben zurückerhalten

Nach Todes­fällen ist es auch nicht selten, dass in einem vertret­baren Zeitraum kein Erbe der Verstor­benen gefun­denen werden kann. Gerade für Vermieter von Verstor­benen kann es eine schwie­rige Situa­tion darstellen, wenn sie wieder in den Besitz ihrer Wohnung kommen wollen. Das Kammer­ge­richt Berlin urteilte in einem entspre­chenden Fall, dass der Vermieter beim Nachlass­ge­richt eine Nachlass­pfleg­schaft beantragen kann und das Gericht diesen Anordnen muss, damit der Vermieter eventu­elle Ansprüche geltend machen kann. Das gilt auch für Fälle, bei denen wenig oder kein Vermögen vorhanden ist (AZ: 19 W 102/17).

Ein Erbe aus einer Erbengemeinschaft nutzt Wohnung – Rechte der Miterben

Nutzt im Fall einer Erben­ge­mein­schaft ein einzelner Miterbe eine Immobilie teilweise oder ganz für sich selbst für Wohnzwecke, können daraus Ansprüche der Miterben erwachsen. Im verhan­delten Fall setzten die Miterben beim Oberlan­des­ge­richt Rostock durch, dass der Erbe, der die Immobilie nutzt, eine Entschä­di­gung zahlen muss. Voraus­set­zung ist aber ebenfalls eine entspre­chende Mehrheits­ent­schei­dung der Erben­ge­mein­schaft (AZ: 3 U 67/17).

Staat als Immobilienerbe – Kann eine Eigentümergemeinschaft die Schulden des Erblassers eintreiben?

Speziell, wenn am Ende weniger überbleibt als erwartet, sind Erbschaften eher nicht erfreu­lich. Die Erben schlagen dann das Erbe häufig aus und es fällt an den Staat. Gerade, wenn bei Erbschaften drauf­ge­zahlt werden muss, ist das der Fall und die öffent­liche Hand muss Geldmittel aufwenden. Der Bundes­ge­richtshof schränkte dies nun ein. Die öffent­liche Hand müsse als Allein­erbe einer Wohnung nur bis zu einer gewissen Grenze aufkommen. Bestehen zum Beispiel Wohngeld­schulden gegen­über einer Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft, haftet der Staat nur mit dem vorhan­denen Nachlass und nicht darüber hinaus (Akten­zei­chen V ZR 309/17).