Weil die Versicherungspflicht vorsieht, dass der Bürgersteig und die Zugänge zu einem Haus, die von Fremden genutzt werden, von Eis und Schnee befreit werden müssen, sollten sich Immobilienbesitzer für die kalte Jahreszeit wappnen und diesbezüglich ihr Haus winterfest machen. Auch von Dächern können Eiszapfen herabstürzen oder Lawinen abgehen. Für Passanten ist das eine ernstzunehmende Gefahr, was immer wieder zu Unfällen und zu rechtlichen Auseinandersetzungen führt. Der Infodienst Recht und Steuern hat dazu einige interessante Gerichtsurteile zu diesem Thema gesammelt, die jeder Hausbesitzer kennen sollte.
Eiszapfen im Bereich von Fußgängerwegen
Größere Eiszapfen, die vom Dach hängen, können sowohl Passanten verletzen als auch großen Sachschaden anrichten, wenn sie in den Bereich des Fußgängerweges reichen. Um ein Haus in dieser Hinsicht winterfest zu machen, enthalten städtische Straßenordnungen Vorschriften deshalb häufig Regelungen, dass solche Eiszapfen entfernt werden müssen. Alternativ kann der gefährliche Bereich um das Haus unter Umständen auch gesperrt werden. In einem Rechtsstreit in Bezug auf einen durch herabfallende Eiszapfen beschädigten PKW sprach das Wuppertaler Amtsgericht dem PKW-Halter ca. 2.200 € Schadensersatz zu, da entsprechende Vorsichtsmaßnahmen nicht getroffen waren (AZ: 8 S 56/11).
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Warnschild an manchen Orten nicht ausreichend
An spezifischen Orten reicht ein Schild mit der Aufschrift „Bei Schnee und Eis wird nicht geräumt und gestreut“ nicht aus, um sich von der Haftung zu befreien. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sprach einem Mann, der auf einem gebührenpflichtigen Kundenparkplatz mit Räumungspflicht gestürzt war, einen Schadensersatz von 3.500 € zu, da das Schild in diesem Fall nicht von der grundsätzlichen Räumungspflicht befreie (AZ: 7 U 94/03).
Keine Enteisungspflicht für Balkonabfluss
In einer Mietwohnung entstand ein Wasserschaden durch einen nicht abgetauten Balkonabfluss und darüber liegenden nicht entfernten Schnee, und die Wohnung wurde damit nicht winterfest gemacht. Beim Tauen drang Wasser in die Wohnung ein, was Reparaturkosten in Höhe von knapp 3.000 € zur Folge hatte. Der Mieter und der Wohnungseigentümer stritten nun darum, wer den Wasserschaden zu verantworten habe, der Vermieter wollte den Betrag beim Mieter einklagen. Das Landgericht Berlin wies die Klage jedoch ab, da es keine „allgemeine Verpflichtung zur Schneeberäumung und zum Auftauen des Abflusses“ gebe (AZ: 63 S 213/15).
Schäden aus üblichen Situationen sind hinzunehmen
Liegen besondere Gefahren vor, müssen Eigentümer im Notfall Fachkräfte einsetzen, um z. B. ein Dach von Schneemassen zu befreien und dafür zu sorgen, dass das Haus auch winterfest bleibt. In manchen Fällen ist das nicht zu vermeiden, auch wenn es teuer wird. Im Normalfall müssen Eigentümer jedoch nicht zu solchen Maßnahmen greifen und gleich einen professionellen Dachräumdienst engagieren. Ein PKW-Besitzer hatte geklagt, da Eisbrocken auf sein Auto gestürzt waren. Allerdings sahen die Richter hierin eine Situation, wie sie bei Tauwetter üblicherweise entstehen kann und wiesen die Klage folglich ab (AZ 4 U 35/12).
Ausreichend Schneefanggitter in schneereicher Gegend erforderlich
Ein Bauträger hatte in der Region Oberbayern eine Wohnanlage neu errichtet, das Haus aber nach Ansicht der Käufer nicht genügend winterfest gemacht und auf den Winter vorbereitet. Sie klagten, dass auf dem Dach nicht genügend Schneefanggitter installiert wurden, sondern nur über den Eingängen und zum Bürgersteig hin. Dagegen würden die Schneefanggitter über Fahrradabstellplätzen, Spielplätzen und Terrassen fehlen. Das Oberlandesgericht München gab der Klage statt, da in schneereichen Gegenden eine ausreichende Ausrüstung von Häusern mit Schneegittern erforderlich seien. Der Bauträger wurde zur Nachrüstung verurteilt (AZ: 28 U 2388/16).
Allgemein keine Schneefanggitterpflicht
Für Gebiete wie das schneereiche Oberbayern mögen Schneefanggitter nötig sein, allgemein sind sie aber nicht erforderlich, um ein Haus genügend winterfest zu machen. Das Oberlandesgericht Thüringen stellte fest, dass die Installation von Schneefanggittern auf Dächern nur unter besonderen Umständen erforderlich sei und immer die örtlichen Gegebenheiten und die klimatischen Verhältnisse genau betrachtet werden müssen. Entscheidend sei hierfür die jeweilige Ortssatzung (AZ: 4 U 865/05).
Gemeinde kann über Räumungspflicht entscheiden
Für manch einen Grundstückseigentümer kann die Räumungspflicht in harten Wintern durchaus viel Arbeit mit sich bringen und ist daher entsprechend gefürchtet. Ein Grundstückseigentümer fühlte sich durch die städtische Satzung benachteiligt, da er dadurch einseitig verpflichtet wurde, den Bürgersteig in seiner Straße zu räumen (in der Straße gab es nur einen Bürgersteig auf der Straßenseite des Klägers). Der Kläger hielt es für ungerecht, dass die gegenüber ansässigen Grundstückseigentümer nicht für die Räumungspflicht herangezogen wurden. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg urteilte, dass die nachbarschaftlichen Gleichheitsrechte dadurch nicht verletzt seien. Die Aufteilung der Pflichten fielen in den Ermessensspielraum der Gemeinden (Aktenzeichen 5 S 2590/13).
Streupflicht auf Mieter übertragen
Mittels eines sogenannten „Schneekartensystems“ hatte ein Vermieter die winterliche Streupflicht auf seine Mieter übertragen. Dabei werden Hinweiskarten von Mieter zu Mieter weitergereicht, die anzeigen, wer gerade die Räumpflicht hat. Im verhandelten Fall kam es zu einem Glätteunfall, da nicht ausreichend geräumt worden war. Die Streitfrage im darauffolgenden Rechtstreit drehte sich dann darum, ob nicht letztlich der Eigentümer die Verantwortung trage, da das System nicht funktioniert und er nicht genügend kontrolliert habe. Hier sah das Oberlandesgericht Köln aber keine Verursachung beim Vermieter (Aktenzeichen 19 U 141/11).