Eigentümer bebauter oder unbebauter Grundstücke, von Eigentumswohnungen oder land- bzw. forstwirtschaftlichen Betrieben müssen bis zum 31.10.2022 für jedes ihrer Grundstücke eine eigene Erklärung mit aktuellen Daten über Wohnfläche, Baujahr, Bodenrichtwert oder Flurstücknummer an ihr Finanzamt übermitteln. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 folgend müssen bundesweit rund 36 Millionen Grundstücke für die Grundsteuer neu bewertet werden. Das Gericht sah bei der bisherigen Bewertung den Gleichheitsgrundsatz verletzt, da die Grundstücke bis dahin anhand veralteter Werte bewertet wurden und damit manche Eigentümer unangemessen hoch bzw. unangemessen niedrig besteuert würden.
Probleme mit komplizierten Formularen
Dass eine große Anzahl der Eigentümer Schwierigkeiten mit der Steuererklärung bzw. den Formularen haben dürften oder schlicht damit überfordert wären, war bereits im Vorfeld abzusehen und von zahlreichen Seiten beanstandet. Nun zeigt dies auch eine repräsentative Umfrage, für die der rbb Rundfunk-Berlin-Brandenburg das Forschungsinstitut Insa Consulere beauftragt hat.
Denn bis zum Stichtag am 31. Oktober müssen in Berlin 800.000 und in Brandenburg 1,8 Millionnen Grundstücksbesitzer ihre Erklärung zur Grundsteuer abgeben. Und auch hierzulande häufen sich die Proteste Betroffener und von Interessenverbänden. Die Rufe nach einer Fristverlängerung und mehr Zeit für die Beschaffung der benötigten Daten sowie einer Vereinfachung der Formulare werden lauter. Die rbb Studie hat ergeben, dass 36 % der Grundstücksbesitzer, die in Berlin und Brandenburg zur Abgabe der Steuererklärung für die Grundsteuer verpflichtet sind, nicht alleine mit den Formularen zurechtkamen und sich Hilfe bei Familienmitgliedern, bei Steuerbüros oder beim Finanzamt holen mussten.
Befragt wurden 500 Eigentümer bzw. Eigentümerinnen von Grundstücken oder Wohneigentum in Berlin und Brandenburg. Für 40 % der Befragten waren die Fragebögen in puncto Gestaltung und Formulierung zu schwierig gehalten, sie empfinden die Formulare als kompliziert, viele können mit den Zahlen, Nummern und Fachbegriffen nicht viel anfangen.
Auch Vertreter der Berliner Senatsbehörde räumen bereits ein, dass die Formulare Wörter beinhalten, die tatsächlich nicht im täglichen Sprachgebrauch üblich seien und das Ausfüllen daher mit etwas Mühe verbunden sein könne.
Bisher schwacher Rücklauf
Das zeigt sich auch beim Rücklauf. Bis Mitte September hatten in Berlin nur 13 %, in Brandenburg gar nur 10 % der Grundstücksbesitzer ihre Erklärungen zur Grundsteuer eingereicht, so die zuständigen Ämter. Die vom rbb beauftragte Studie hebt hervor, dass die Abgabefrist zumindest für ein Viertel der Befragten problematisch ist und sie sich unbedingt eine Fristverlängerung wünschen. Einem Drittel wäre für das Ausfüllen der komplizierten Formulare ein Hilfe-Center sehr willkommen. Für 40 % wäre es gar wünschenswert, die Grundsteuer erst gar nicht zu reformieren.

Eventuell Verlängerung der Abgabefrist
Bereits vor Start des Erfassungszeitraums vom 1. Juni bis 31. Oktober 2022 forderten einige Verbände und Landespolitiker aufgrund der abzusehenden Probleme eine Verlängerung der Abgabefrist. Auch Bundesfinanzminister Lindner hatte dies infolge der geringen Rücklaufraten nicht ausgeschlossen. In einer Meldung vom 21. September 2022 schloss das Finanzministerium zunächst eine Verlägerung der Frist mit Verweis auf drohende Steuerausfälle und bekannten Folgen für die Haushalte aus. Am 05. Oktober brachte Lindner eine Verlängerung für einen “überschaubaren Zeitraum” nun wieder ins Gespräch, da die Rücklaufraten bislang immer noch nicht entscheidend angestiegen sind und er eine Überforderung der Bevölkerung bei der Erklärung der Grundsteuer sieht. Ob es tatsächlich zur Verlängerung kommt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
Wo es Hilfe gibt
Falls Sie sich aus „Respekt“ vor den komplizierten Formularen noch nicht an die Erklärung gewagt haben, empfehlen wir Ihnen, die Formulare trotzdem einfach einmal alleine auszufüllen und mal zu schauen, wie weit Sie kommen. Oft ist es dann tatsächlich einfacher als gedacht. Tragen Sie einfach, so gut es geht, die Informationen zusammen. Stellen Sie dann fest, dass Sie an Ihre Grenzen stoßen, können Sie immer noch einen kompetenten Steuerberater kontaktieren oder eine kostenlose oder auch kostenpflichtige Ausfüllhilfe im Internet nutzen (siehe dazu weiter unten). Und nun zu den einzelnen Anlaufstellen:
- Eine umfangreiche Einführung des Bundes in das Thema Grundsteuerreform mit Fragen und Antworten finden Sie hier: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/faq-die-neue-grundsteuer.html. Vielleicht ist ja auch Ihre konkrete Frage hier beantwortet.
- Wer mit sich mit dem Portal der deutschen Steuerverwaltungen ELSTER schwer tut, dem hilft es eventuell, das vereinfachte Portal des Finanzministeriums für die Grundsteuererklärung für Privateigentum nutzen. Doch Achtung, dieses Angebot steht nur in Bundesländern zur Verfügung, die für die Festsetzung der neuen Grundsteuer das sogenannte Bundesmodell nutzen, also leider nicht in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Zudem ist die Grundsteuererklärung hier nur die Standardfälle wie Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen und unbebaute Grundstücke möglich, nicht für Mehrfamilienhäuser oder Spezialfälle wie Denkmalschutzobjekte. Wer mit seiner Immobilie einen Standardfall hat und sich mit anderen Angeboten für die Erklärung schwer tut, kann hier das vereinfachte Angebot des Finanzministeriums finden: https://www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de
- Kostenlose Ausfüllhilfe von Finanztip: Grundsteuererklärung mit Ausfüllhilfe für Elster
- Kostenpflichtige Ausfüllhilfe von Buhl Data Service in Zusammenarbeit mit WISO, z. B. Grundsteuererklärung für ein Grundstück inklusive Profi-Check für 128,95 Euro: WISO Grundsteuer
- Kostenpflichtige Ausfüllhilfe von Immocation, Feststellungserklärung für eine Wohnung oder Haus inklusive Sicherstellen der Richtigkeit durch einen Steuerberater für 299 Euro: Immocation Grundsteuer Service
Hinweis: Die Angebote der kostenpflichtigen Anbieter haben wir nicht selbst in Anspruch genommen und somit auch nicht geprüft. Wir nennen die Anbieter hier exemplarisch und empfehlen Ihnen, bei Bedarf die Angebote anhand Ihres konkreten Falles zu prüfen und ggfs. weitere Anbieter zu ermitteln.
