Bietet der Vermieter bei einer berech­tigten Eigen­be­darfs­kün­di­gung dem Mieter eine verfüg­bare Alter­na­tiv­woh­nung pflicht­widrig nicht an, führt dies nicht mehr zur Unwirk­sam­keit der Kündi­gung. Seine gegen­tei­lige Recht­spre­chung gibt der BGH ausdrück­lich auf.

GbR kündigt wegen Eigenbedarfs und bietet andere Wohnung nicht an

Eine Gesell­schaft bürger­li­chen Rechts (GbR) als Vermie­terin verlangt von den Mietern die Räumung einer Wohnung. Das Mietver­hältnis besteht seit 1985. Die GbR hat das Anwesen, in dem sich die Wohnung befindet, 1991 erworben.

Zweck der Gesell­schaft ist laut Gesell­schafts­ver­trag „Instand­set­zung, Moder­ni­sie­rung und dem Ausbau des Anwesens, dessen Vermie­tung sowie nach Möglich­keit der Auftei­lung in Wohnungs­ei­gentum“. 1994 begann die GbR mit der Sanie­rung des Anwesens und der Auftei­lung der Wohnungen, wobei einige auch schon verkauft wurden. Die Wohnung der Mieter ist die letzte Wohnung, die noch nicht saniert ist.

Am 30.9.2013 kündigte die GbR das Mietver­hältnis. Sie begrün­dete dies mit Eigen­be­darf der Tochter eines der (Gründungs-)Gesellschafter.

Die Mieter meinen, der Eigen­be­darf sei nur vorge­täuscht. Zudem habe die GbR ihre Anbiet­pflicht verletzt, weil sie den Mietern eine seit April 2014 leerste­hende Wohnung im Erdge­schoss nicht angeboten habe. Die Eigen­be­darfs­kün­di­gung sei deshalb rechtsmissbräuchlich.

Amts- und Landge­richt haben die Räumungs­klage abgewiesen. Das Amtsge­richt meint, die GbR habe es treuwidrig versäumt, den Mietern die verfüg­bare Alter­na­tiv­woh­nung anzubieten. Dies habe nach der Recht­spre­chung des BGH zur Folge, dass die Kündi­gung wegen Rechts­miss­brauchs unwirksam sei.

Das Landge­richt ist der Auffas­sung, wegen des unter anderem in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorge­se­henen Bestands- und Verdrän­gungs­schutzes des Mieters dürfe eine Gesell­schaft bürger­li­chen Rechts einen Wohnraum­miet­ver­trag nicht wegen des Eigen­be­darfs eines Gesell­schaf­ters oder dessen Angehö­riger kündigen. Mit dieser Auffas­sung weicht das Landge­richt bewusst von der Recht­spre­chung des BGH ab, der Eigen­be­darf zugun­sten eines Gesell­schaf­ters für möglich hält.

Eigenbedarf für GbR möglich

Der BGH bleibt bei seiner Auffas­sung, dass auch der Eigen­be­darf eines GbR-Gesell­schaf­ters eine Kündi­gung recht­fer­tigen kann. Die Geltend­ma­chung des Eigen­be­darfs eines Gesell­schaf­ters oder dessen Angehö­rigen ist in allen wesent­li­chen Punkten einer Mitei­gen­tümer- oder Erben­ge­mein­schaft vergleichbar, die sich als recht­lich nicht verselb­stän­digte Zusam­men­schlüsse natür­li­cher Personen unmit­telbar auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB berufen können.

Änderung der Rechtsprechung zur Verletzung der Anbietpflicht

Die Kündi­gung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Vermie­terin den Mietern eine andere, leerste­hende Wohnung nicht angeboten hat.

Zwar muss ein Vermieter die Folgen einer auf Eigen­be­darf gestützten Kündi­gung für den Mieter so gering wie möglich halten. Er muss dem betrof­fenen Mieter deshalb eine andere, ihm während der Kündi­gungs­frist zur Verfü­gung stehende Wohnung zur Anmie­tung anzubieten, sofern diese sich im selben Haus oder derselben Wohnan­lage befindet.

Verletzt der Vermieter diese sogenannten Anbiet­pflicht, hatte dies nach bishe­riger Auffas­sung des BGH (Urteil v. 9.7.2003, VIII ZR 311/02) zur Folge, dass die — an sich berech­tigte — Kündi­gung unwirksam wird. An dieser Recht­spre­chung hält der BGH nicht mehr fest. Auch bei Verlet­zung der Anbiet­pflicht bleibt die Eigen­be­darfs­kün­di­gung wirksam. Der Mieter kann allen­falls noch Schadens­er­satz verlangen, etwa die Erstat­tung von Umzugs- und Maklerkosten.

(BGH, Urteil v. 14.12.2016, VIII ZR 232/15)